Post COVID: Ältere Patienten können dauerhafte Nierenschäden erleiden

St. Louis – Eine Infektion mit SARS-CoV-2 kann offenbar den Nieren einen dauerhaften Schaden zufügen. Eine Analyse von US-Veteranen im Journal of the American Society of Nephrology (JASN 2021; DOI: 10.1681/ASN.2021060734) ermittelt einen deutlichen Abfall der Nierenfunktion, der sich offenbar auch nach der Entlassung aus der Klinik fortsetzt.
Am stärksten betroffen waren Patienten, die auf Intensivstation behandelt worden sind und dort ein akutes Nierenversagen erlitten, aber auch Patienten mit leichterem COVID-19 könnten Nierenschäden erleiden. Ein Verlust der Nierenfunktion bleibt lange unbemerkt. Nierenschäden gehören deshalb nicht zu den bekannten Post-COVID-Symptomen.
Da sich die Nieren von einer chronischen Schädigung (im Gegensatz zum akuten Nierenversagen) nicht wieder erholen, könnten die Folgen für die betroffenen Patienten und die Gesellschaft beträchtlich sein. Und da die Nierenleistung, messbar als geschätzte glomeruläre Filtrationsrate (eGFR), im Verlauf des Lebens mehr oder weniger kontinuierlich abnimmt, kann ein zunächst unbemerkter Nierenschaden bedeuten, dass die Betroffenen im Alter früher das Endstadium eines Nierenversagens erreichen und dialysepflichtig werden.
Dieses Schicksal könnte zahlreichen US-Veteranen drohen, deren Daten ein Team um Ziyad Al-Aly von der Washington University School of Medicine in St. Louis/Missouri ausgewertet hat. Die Forscher verglichen die Nierenfunktion von 89.216 Veteranen, die COVID-19 überlebt haben, mit der von 1,6 Mio. nicht infizierten Veteranen.
Bei allen Personen lagen Daten zur eGFR aus der Zeit vor der Pandemie vor. Aus den Krankenakten der COVID-19-Patienten ging auch hervor, ob sie wegen COVID-19 hospitalisiert wurden, ob sie auf Intensivstation behandelt werden mussten und ob es dort zu einem akuten Nierenversagen gekommen war.
Die Analyse ergab, dass alle 3 Gruppen einen zusätzlichen Abfall der eGFR erlitten. Die Patienten mit positivem PCR-Test, die aber nicht behandelt werden mussten, verloren im Vergleich zu den Gesunden 3,26 ml/min/1,73 m2/Jahr. Bei den hospitalisierten Patienten betrug der Rückgang 5,20 ml/min/1,73 m2/Jahr und bei den Intensivpatienten 7,69 ml/min/1,73 m2/Jahr.
Für die betagten Veteranen im Alter von im Mittel 68,5 Jahren, deren eGFR altersbedingt bereits vor COVID-19 eingeschränkt war, bedeutet dies, dass das Risiko auf einen schweren Nierenschaden (MAKE) im ersten halben Jahr (median 164 Tage) nach der COVID-19-Erkrankung um den Faktor 7,02 stieg, wenn sie auf der Intensivstation behandelt werden mussten.
MAKE war definiert als ein Rückgang des eGFR um mehr als 50 %, ein komplettes Nierenversagen oder ein Tod. Das Risiko auf ein akutes Nierenversagen (AKI) – von dem sich die Patienten in der Regel erholen, wenn auch oft mit Folgeschäden – ermittelt Al-Aly eine Hazard Ratio von 8,24 und für ein Endstadium einer Nierenerkrankung (ESKD) eine Hazard Ratio von 13,26.
Für die Patienten, die nur hospitalisiert wurden, waren die Hazard Ratios mit 3,37 (MAKE), 5,35 (AKI) und 5,72 (ESKD) geringer. Doch selbst für Patienten, die nicht im Krankenhaus behandelt werden mussten, ermittelt Al-Aly Hazard Ratios von 1,15 (MAKE), 1,30 (AKI) und 2,15 (ESKD), die sämtlich statistisch signifikant waren.
Besonders stark betroffen waren Patienten, bei denen es in der Klinik zu einem Akuten Nierenversagen gekommen war. Die Hazard Ratios betrugen 8,05 (MAKE), 11,26 (AKI) und 8,98 (ESKD). Der „excess-burden“, also die Zahl der zusätzlich Erkrankten auf 1.000 Personenjahre war in dieser Gruppe mit 82,84 (MAKE), 135,06 (AKI) und 6,39 (ESKD) beträchtlich.
Die COVID-19-Pandemie könnte deshalb in den folgenden Jahren zu einem deutlichen Anstieg der Nierenerkrankungen bei älteren Menschen nach COVID-19 führen, die sich vielleicht in der Zwischenzeit gut von den Residualsymptomen erholt haben, dann aber unter den Spätschäden leiden.
Da es keine Behandlung gibt, die die Nierenfunktion verbessern kann, könnten sich die Erkrankungen langfristig auf die Lebenserwartung auswirken. Unklar bleibt, ob es auch bei jüngeren Menschen zu Nierenschäden kommt. Ihre Folgen dürften sich aufgrund der besseren eGFR-Werte erst nach einer längeren Latenz bemerkbar machen.
Wie immer in einer retrospektiven Studie können die Zahlen den Zusammenhang nicht abschließend beweisen. Die klare Beziehung zwischen dem Ausmaß der Schäden und den Folgen deutet jedoch auf eine Kausalität hin.
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