Politik

Präventionsgesetz im Bundestag beschlossen

  • Donnerstag, 18. Juni 2015
Uploaded: 18.06.2015 18:42:00 by mis
Der Impfschutz ist ein zentrales Thema des Präventionsgesetzes /dpa

Berlin – Der Deutsche Bundestag hat heute in 2. und 3. Lesung das Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention (Präventionsgesetz – PrävG) mit den Stimmen der Regierungsfraktionen CDU/CSU und SPD beschlossen. Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke lehnten den Gesetzentwurf der Bundesregierung ab. In der Aussprache – nach interfraktioneller Verständigung waren dafür 38 Minuten vorgesehen – wies die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, Ingrid Fischbach (CDU), noch einmal auf den langen Anlauf zum Präventionsgesetz hin. „Dies ist ein spätgeborenes Kind, aber lieber spät als gar nicht.“

Prävention soll sich stärker an individuellen Lebensumständen orientieren
Fischbach bezeichnete das Gesetz als einen längst überfälligen Schritt. „Besonders wichtig ist die Stärkung der Lebenswelten.“ Es gehe insbesondere darum, die Menschen im Blick zu haben, die ungünstige Lebensbedingungen haben. Bei der Umsetzung des Gesetzes sollten bewährte Strukturen der Prävention erhalten bleiben und da, wo es erforderlich sei, neue Wege gegangen werden. Fischbach betonte, dass sich künftig Früherkennungsmaßnahmen stärker an den individuellen Lebensumständen orientieren sollten.

Fischbach verwies auf die neu in den Gesetzentwurf aufgenommene Stärkung der Impfung. Das Präventionsgesetz sieht unter anderem vor, dass Eltern vor der Aufnahme ihres Kindes in eine Tageseinrichtung verpflichtet werden, schriftlich nachzuweisen, dass sie eine ärztliche Beratung zum Impfschutz in Anspruch genommen haben. Des Weiteren sollen etwa bei einem Masernausbruch Kinder, die keinen Impfschutz haben und bei denen keine Immunität nachgewiesen werden kann, zeitweise von der Kita ausge­schlossen werden können.

Birgit Wöllert (Die Linke) kritisierte in der Bundestagsdebatte, dass das Präventions­gesetz nicht mehr dem heutigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand entspreche. Dies habe auch die Anhörung zu dem Gesetzentwurf deutlich gezeigt. Von dem Gesetz betroffen seien nur die GKV-Versicherten, alle anderen – seien es Beamte oder Asylsuchende – blieben außen vor. Wöllert bezeichnete die Finanzierung durch die Krankenkassen als falsch, da es sich um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe handele. Für sie nicht nachvollziehbar sei, wenn versicherte Arbeitnehmer mit ihren Beiträgen den Bonus für Arbeitgeber, die Präventionsleistungen umsetzen, bezahlen müssten. 

Karl Lauterbach (SPD) wies im Bundestag den Vorwurf Wöllerts zurück, das für Präventionsleistungen zur Verfügung stehende Geld würde nicht dort ankommen, wo es wirklich benötigt werde. 300 Millionen Euro würden jährlich in den unterschiedlichen Settings ausgegeben. Lauterbach betonte zudem, wie wichtig es sei, dass im Rahmen der Nationalen Präventionskonferenz gemeinsame Ziele vorgegeben würden, an denen die Akteure sich orientieren könne.

Grüne: Kommunen hätten eingebunden werden müssen
Kordula Schulz-Asche (Bündnis 90/Die Grünen) bezeichnete das Präventionsgesetz als einen „Flickenteppich verschiedenster Lobby-Interessen“. Hier sei eine Chance vertan worden, indem man es versäumt habe, sich stärker auf die Schaffung gesundheits­fördernder Alltagswelten zu konzentrieren. Die Kommunen stellten den Dreh- und Angelpunkt der Gesundheitsförderung dar, würden aber in dem Gesetz keine Rolle spielen. „Vor Ort weiß man aber am besten, was in Sachen Prävention wichtig ist.“ Schulz-Asche wandte zudem ein, dass Prävention eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei, die nun allein von den Versicherten übernommen werde.

Rudolf Henke (CDU) sieht dagegen in dem Gesetz „viele verschiedene Ansätze in einem konstruktivem Miteinander“. Zu lange habe man in falschen Positionierungen diskutiert und falsche Fronten aufgebaut, führte er in der Bundestagsdebatte aus. So gebe es etwa kein Entweder-Oder bei Verhältnis- und Verhaltensprävention; auch der einzelne sei in einem bestimmten Maße für seine Gesundheit verantwortlich.  

Positionen der unparteiischen Vorsitzenden des G-BA gestärkt
Nicht zur Sprache kam in der Bundestagsdebatte eine noch spät in den Gesetzentwurf eingebrachte Änderung. Die Beschränkung der Amtszeit der unparteiischen Mitglieder des Gemeinsamen Bundesausschusses auf maximal sechs Jahre wird aufgehoben. Der unparteiische Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses, Josef Hecken, könnte also über das Jahr 2018 hinaus weiter im Amt bleiben. Auch wird wohl die Machtposition des unparteiischen Vorsitzenden und der weiteren unparteiischen Mitglieder dadurch gestärkt, dass sie nun dem G-BA-Beschlussgremium gemeinsam eigene Beschlussvorschläge zur Entscheidung vorlegen können.

In Reaktion auf die Verabschiedung des Präventionsgesetzes im Bundestag kritisierte die Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Ersatzkassen (vdek), Ulrike Elsner, die starke Rolle der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) im Präventionsgesetz. Zwar sei der Betrag für die pauschale Vergütung an die BZgA für Projekte in Lebens­welten, wie Schulen und Kitas, von 0,50 auf 0,45 Euro je Versicherten durch die Krankenkassen leicht herabgesetzt worden. Die direkte Quersubventionierung einer nachgeordneten Bundesbehörde durch Beitragsgelder der Versicherten bleibe aber bestehen und sei für die Krankenkassen nicht akzeptabel.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) begrüßte das Gesetz generell, kritisierte aber, dass es das System der vertragsärztlichen Versorgung nur unzureichend berücksichtige. Die Vertragsärzte seien „die wichtigsten Ansprechpartner für die Patienten in Fragen der Vorbeugung und Früherkennung von Krankheiten“, betonte KBV-Vorstand  Regina Feldmann. Von daher sei es ein Fehler, die Ärzteschaft nicht an der Nationalen Präventionskonferenz zu beteiligen.

Ingo Kailuweit, Vorsitzender der KKH-Kaufmännische Krankenkasse, monierte das neue Gesetz: „Viele Präventionsangebote zielen an denjenigen vorbei, die sie am nötigsten hätten. Allein mehr Geld wird hieran nichts ändern.“  Es sei zudem ein falsches Signal, Präventionsleistungen nur aus Beiträgen der gesetzlich Versicherten zu begleichen. Vielmehr müssten neben den Sozialversicherungsträgern auch Länder, Kommunen sowie die private Krankenversicherung ihren Anteil leisten.

TG

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