Primärarztsystem: Spifa will Ende der Budgetierung von fachärztlichen Leistungen

Berlin – In einem primärztlichen System gibt es keine legitime Rechtfertigung für die Budgetierung fachärztlicher Leistungen. Dies betonte Dirk Heinrich, Vorsitzender des Spitzenverbands Fachärztinnen und Fachärzte Deutschlands (Spifa), anlässlich der Veröffentlichung eines Positionspapiers zur Patientensteuerung in der Regel- sowie Akut- und Notfallversorgung.
Im Spifa-Papier heißt es dazu, die auf Grundlage einer Überweisung durch den Primärarzt, die Terminservicestelle der Kassenärztlichen Vereinigung oder durch ein Integriertes Notfallzentrum erfolgenden fachärztlichen Leistungen müssten „zwingend vollständig entbudgetiert“ werden.
Wenn die Indikation zur fachärztlichen Behandlung durch eine hausärztliche Praxis festgestellt und durch eine gezielte Überweisung auch dokumentiert worden sei, entfalle jede Berechtigung für eine Budgetierung. Da die hausärztliche Steuerung dann bereits sichergestellt habe, dass eine klar medizinische begründete Bedarfslage für eine fachärztliche Untersuchung vorliege, würde eine Budgetierung eines solchen Bedarfs die Logik des Primärarztsystems umlaufen und zu einer Fortsetzung der Terminproblematik führen.
Neben einem Direktzugang zur ambulanten Frauen- und Augenheilkunde sei es zudem notwendig, einen direkten Facharztzugang für Patientengruppen zu gewährleisten, die aufgrund ihres individuellen medizinischen Bedarfs regelhaft in fortgesetzter fachärztlicher Versorgung sein müssten.
Dies sollte aus Sicht des Spifa Patienten mit einer dauerhaften chronischen Erkrankung, die einer kontinuierlichen fachärztlichen Betreuung bedarf, sowie Patienten mit einer episodenhaften Erkrankung, die einer über drei Monate hinausreichender fachärztlichen Betreuung bedarf, umfassen.
„Eine reine hausärztliche Primärversorgung mit generellem Überweisungsvorbehalt zur fachärztlichen Versorgung wäre bereits aus Gründen der hausärztlichen Kapazität ein Supergau für die medizinische Versorgung“, warnte Heinrich.
Sowohl im Rahmen der Kollektivverträge als auch bei selektivvertraglichen Regelungen sei ein gesetzlicher Rahmen für eine strukturierte Zusammenarbeit zwischen Haus- und Fachärzten erforderlich, so der Spifa.
Im Rahmen von Koordination und Informationsaustausch sollten die Möglichkeiten der Digitalisierung genutzt werden – etwa für Direktterminvereinbarungen zwischen Haus- und Facharzt oder auch für gemeinsame elektronische Fallakten. In der elektronischen Patientenakte (ePA) müsse für die Patienten transparent dargestellt werden, welche Ärzte sie neben ihrem frei gewählten Hausarzt direkt aufsuchen können.
Der stellvertretende Spifa-Vorsitzende Hermann Helmberger verwies auf die Dringlichkeit einer Reform der Notfallversorgung. Um die Notaufnahmen von den Patienten zu entlasten, die aus medizinischen Gründen nicht dort hingehörten, brauche es auch hier eine intelligente Patientensteuerung.
„Für uns ist klar: In Akut- und Notfallsituationen können die Hausärztinnen und Hausärzte nicht die alleinigen Gatekeeper sein, sonst landen die Patienten weiterhin direkt in den Notaufnahmen der Krankenhäuser“, so Helmberger.
Das Spifa-Papier bezieht sich diesbezüglich auf die geplante bundeseinheitliche medizinische Ersteinschätzung. Im Rahmen der Vermittlung von Behandlungen in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung könne beispielsweise ein direkter Zugang in chirurgisch Praxen erfolgen.
Für den Spifa ist zudem klar, dass eine „qualitätsgesicherte, koordinierte und strukturierte Notfallversorgung“ an Krankenhäusern künftig an das Vorhandensein eines Integrierten Notfallzentrums (INZ) gebunden sein muss.
Krankenhäuser, die keine INZ vorhalten, sollen von einer Teilnahme an der Notfallversorgung ausgeschlossen werden. Zudem dürfe keine Vergütung für die Behandlung von Patienten ohne ärztliche Verordnung zur Krankenhausbehandlung oder ohne Überleitung durch ein anderes Krankenhaus mit INZ erfolgen.
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