Politik

Prostatakrebs: Kein Anhaltspunkt für höheren Nutzen der Fusionsbiopsie

  • Freitag, 12. Juni 2020
Begutachtung der Prostata am Bildschirm /RFBSIP, stockadobecom
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Köln − Bei Verdacht auf ein Prostatakarzinom hat eine Fusionsbiopsie im Vergleich zur bisher üblichen transrektalen oder transperinealen Ultraschallbiopsie keinen höheren Nutzen oder Schaden. Zu diesem Schluss kommt ein vorläufiger HTA-Bericht des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).

Ausgangspunkt des jetzt vorliegenden Berichts war die im Rahmen des ThemenCheck Medizin gestellte Frage eines Bürgers, ob die Anwendung der Fusionsbiopsie die trans­rektale oder transperineale Ultraschallbiopsie als Erstbiopsie bei Verdacht auf ein Prosta­takarzinom ersetzen kann.

Bei der üblichen transrektalen oder transperinealen Ultraschallbiopsie wird eine Ultra­schallsonde eingeführt und beim Erreichen des verdächtigen Biopsienadeln ausgelöst. Bei der Fusionsbiopsie geht der Prostatabiopsie immer eine bildgebende Darstellung der Prostata mittels multiparametrischer Magnetresonanztomografie (mpMRT) voraus.

Die so gewonnenen Bilder werden zunächst bewertet; gegebenenfalls wird dann in den verdächtigen Arealen eine Biopsie durchgeführt. Durch die Fusionierung der MRT-Bilder mit den Echtzeit-Ultraschallbildern bei der eigentlichen Biopsie können die verdächtigen Areale sehr gezielt biopsiert werden.

Die mit der Fusionsbiospie verbundene Hoffnung ist, dass sie als Erstbiopsie behand­lungs­bedürftige Prostatakarzinome frühzeitiger entdecken und unnötige Biopsien ver­mei­den kann. Die Fusionsbiopsie könnte so nicht nur die Gefahr an einem Prostata­karzinom zu versterben vermindern, sondern auch das Risiko, aufgrund einer Biopsie unerwünschte Ereignisse zu erleiden.

Im Auftrag des IQWiG werteten Wissenschaftler des Essener Forschungsinstituts für Medi­zinmanagement in Kooperation mit weiteren Sachverständigen drei randomisiert-kon­troll­ierte Studien aus. Es fanden sich keine statistisch signifikanten Unterschiede zwi­schen den beiden Biopsieverfahren hinsichtlich Mortalität, schwerwiegender uner­wünsch­t­er Ereignisse, gesundheitsbezogener Lebensqualität, Anzahl der Behand­lungen und Anzahl der Rebiopsien.

Nutzen vermiedener Biopsien noch unklar

Ein Effekt zeigte sich nur für vermiedene Biopsien: In einer internationalen, multizen­tri­schen Studie wurde bei 28 Prozent der Männer aufgrund der vorgelagerten mpMRT keine Biopsie durchgeführt.

Dies werde zwar als Vorteil gesehen, so das IQWiG, sei aber nur dann wirklich von Nutzen für den Patienten, wenn durch die vermiedene Biopsie kein klinisch signifikantes Prosta­takarzinom übersehen werde. Um das Risiko falsch negativer Befunde abschließend be­urteilen zu können, seien weitere, qualitativ hochwertige Studien erforderlich.

Trotz des vorliegenden Effekts für den Endpunkt der vermiedenen Biopsien leiten die Sachverständigen deshalb auch an dieser Stelle keinen Hinweis auf einen Nutzen der Fu­sionsbiopsie ab. Bezogen auf patientenrelevante Endpunkte gebe es keine Hinweise auf einen Vorteil der Fusionsbiopsie.

Stellungnahmen zu dem vorläufigen HTA-Bericht des IQWiG sind bis zum 10. Juli 2020 möglich. Die Anhörung kann zu Änderungen und/oder Ergänzungen des vorläufigen HTA-Berichts führen.

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