Psychiatrische Kliniken haben wenig Interesse an stationsäquivalenter Behandlung

Berlin – Die stationsäquivalente psychiatrische Behandlung (StaeB) für schwer psychisch kranke Patienten, eine Krankenhausbehandlung im häuslichen Umfeld, wird nur zögerlich umgesetzt. Das ist ein Ergebnis des aktuellen Psychiatrie Barometers des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI), einer jährlich durchgeführten Repräsentativbefragung der psychiatrischen Krankenhäuser und Fachabteilungen in Deutschland.
Zu Jahresbeginn 2019 hatten demnach erst neun Prozent der psychiatrischen Einrichtungen in Deutschland (13 von 119 befragten Einrichtungen) diese neue Behandlungsform angeboten. Im Mittel sind 8,5 Patienten je Haus in die StaeB eingeschlossen.
Die stationsäquivalente psychiatrische Behandlung nach Paragraf 115d Absatz 2 Sozialgesetzbuch V wurde zum 1. Januar 2018 eingeführt. Die Absicht dahinter war es, die Versorgung zu verbessern, neue Behandlungsalternativen und damit mehr Flexibilität anzubieten und die Sektorengrenzen zu überwinden. Mobile fachärztlich geleitete multiprofessionelle Behandlungsteams besuchen dabei Patienten, die bestimmte Kriterien erfüllen müssen, in ihrem häuslichen Umfeld.
Personalmangel ist Hauptgrund für fehlendes Angebot
Laut Psychiatrie Barometer nennen knapp die Hälfte der Einrichtungen (48 Prozent) als Hauptgrund, die stationsäquivalente Behandlung nicht anzubieten, fehlendes Personal für mobile Behandlungsteams.
Der zweithäufigste Grund sind zu hohe Vorhaltekosten bei zu niedrigen Erlösen. (36 Prozent). Auch zu hohe Dokumentationsanforderungen, ein zu großes Versorgungsgebiet sowie ein funktionierendes gemeindepsychiatrisches Netzwerk, das eine StaeB überflüssig macht, wurden von den Kliniken genannt.
„Wir haben 2017 mit der Vereinbarung zu den stationsäquivalenten psychiatrischen Behandlungen große Hoffnungen verbunden. Wir müssen uns aber immer vor Augen halten, dass Personal dafür benötigt wird“, erklärte Georg Baum, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). Das Ergebnis zeige aber deutlich, dass der Fachkräftemangel auch in diesem Bereich ein großes Problem darstelle.
Wirtschaftliche Situation in der Psychiatrie schwierig
Unverändert schwierig ist dem Psychiatrie-Barometer zufolge auch die wirtschaftliche Situation in der Psychiatrie. Aktuell beurteilt nur eine Drittel der Einrichtungen seine wirtschaftliche Lage als gut.
Weniger als 10 % erwarten für 2020 eine wirtschaftliche Verbesserung. Mehr als doppelt so viele Abteilungspsychiatrien (23 Prozent) wie Einrichtungspsychiatrien (11 Prozent) sind mit ihrer wirtschaftlichen Lage unzufrieden.
„Grundsätzlich verdeutlichen die Zahlen, dass die Kliniken vor wirtschaftlich unsicheren Zeiten stehen. Dabei ist gerade die psychiatrische Versorgung von immenser Bedeutung, nehmen doch die Fallzahlen stetig zu und ist die Versorgung im ambulanten Bereich durch extrem lange Wartezeiten geprägt“, konstatierte Baum.
Das Psychiatrie Barometer wird im Auftrag der Träger des DKI erstellt; das sind die Deutsche Krankenhausgesellschaft, der Verband der Krankenhausdirektoren Deutschlands und der Verband der leitenden Krankenhausärzte Deutschlands.
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