Ärzteschaft

Bundesärztekammer kritisiert Personalbemessung in Psychiatrie und Psychosomatik

  • Mittwoch, 25. September 2019
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Berlin – Die geplante Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zur Perso­nalbemessung in der Psychiatrie und Psychosomatik verschlechtert die Situation für Pa­tienten und Mitarbeiter massiv. Das hat die Bundesärztekammer (BÄK) heute betont – und das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) aufgefordert, die Richtlinie zu bean­standen.

Die Richtlinie, die schriftlich erst im Oktober vorliegen soll und von der die Details noch nicht bekannt sind, ist ein Streitfall, seit der G-BA diese am vergangenen Donnerstag be­schlossen hat. Sie soll die Personalbemessung in der Psychiatrie und Psychosomatik neu regeln, zu Beginn des kommenden Jahres in Kraft treten und die knapp 30 Jahre alte Psychiatrie-Personalverordnung (Psych-PV) ablösen.

Die Bundesärztekammer betonte heute, es sei „hinlänglich bekannt“, dass Mitarbeiter in Kliniken für Psychiatrie, Psychosomatische Medizin und Kinder- und Jugendpsychiatrie seit Jahren am Limit arbeiteten. Die Hoffnung von Beschäftigten und Patienten, dass die neue Richtlinie zu einer Verbesserung führen könnte, habe sich mit dem aktuellen Be­schluss des G-BA zerschlagen.

„Das Bundesgesundheitsministerium steht in der Verantwortung, die Richtlinie in der jetzigen Form zu stoppen und das gesamte Verfahren neu auszurichten“, mahnte die BÄK. Zudem muss es geeignete Sofortmaßnahmen ergreifen, um die übergangsweisen Perso­nalvorgaben an die ethisch und medizinisch gebotenen Standards anzupassen.

BÄK: Ziel verfehlt

Dem gesetzlichen Auftrag zur Weiterentwicklung der Versorgung und Vergütung für psy­chiatrische und psychosomatische Leistungen (Psych-VVG) zufolge sollte der G-BA quali­täts­bezogene Personalmindestvorgaben festlegen, die geeignet seien, zu einer leitlinien­gerechten Behandlung beizutragen.

Ihr Ziel sei eine patientenorientierte Personalbemessungsgrundlage, die sowohl medizi­nisch-wissenschaftliche Aspekte, wie auch den sparsamen Umgang mit begrenzten Res­sour­cen beinhalten sollte. „Dieses Ziel hat der G-BA trotz frühzeitiger Intervention der Bundesärztekammer klar verfehlt“, moniert die BÄK. Sie betonte, man habe im Prozess, an dem man beratend beteiligt gewesen sei, frühzeitig darauf hingewiesen.

Die Richtlinie verhindere vor allem auch neue sektorenübergreifende Versorgungsmo­delle, die mit Blick auf die noch anstehende flächendeckende Umsetzung der stations­äquivalenten Behandlung für Patienten dringend erforderlich wären. Am Ende bedeute die Neuregelung, dass Ärzte, Psychologen, Pflegepersonal und Spezialtherapeuten in der stationären psychiatrischen, kinder- und jugendpsychiatrischen und psychosomatischen Versorgung nicht mehr, sondern weniger Zeit für ihre Patienten haben.

Die BÄK spricht sich daher wie viele medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaften und Verbände für eine komplette Neuausrichtung der Richtlinie aus. Die Personalaus­stattung müsse so ausgestaltet sein, dass sie eine ganzheitliche Patientenversorgung ermögliche. Konkrete Konzepte für eine adäquate Orientierung der Personalbemessung am Bedarf der Patienten lägen auf dem Tisch – würden aber durch den G-BA nicht umgesetzt.

Die BÄK appellierte zudem an den Gesetzgeber, dem G-BA klare Vorgaben für die Richt­linienarbeit zu machen. Sie müssen sicherstellen, dass sich die Personalbemessung und die Finanzierung unmittelbar auf die gültigen fachlichen Standards beziehen.

Es sei zudem festzuschreiben, dass die Richtlinie in der ersten Stufe nur eine Übergangs­lösung sein könne und mit einem verbindlichen Zeitplan an einem Personalbeme­ssungs­instrument gearbeitet wird. Nur auf diese Weise könne eine patienten- und störungs­be­zogene Psychotherapie durch alle Berufsgruppen, die Autonomie der Patienten, deren Partizipation an der Entscheidungsfindung und die Reduktion vermeidbarer Zwangsmaß­nahmen gewährleistet werden.

may/EB

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