Psychosomatische Betriebssprechstunde kann Arbeitsunfähigkeitstage reduzieren
Berlin – Um psychischen Erkrankungen, die in der Arbeitswelt zum Ausdruck kommen, entgegenzuwirken, hat die Universitätsklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Universitätsklinik Ulm ein Versorgungskonzept entwickelt, das inzwischen positiv evaluiert wurde: die „Psychosomatische Sprechstunde im Betrieb“ (PSiB).
Der ärztliche Direktor der Klinik, Harald Gündel, stellte dieses niedrigschwellige Angebot gestern bei einer Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Medizin (DGPM) anlässlich des Europäischen Depressionstages am 1. Oktober vor. Depressionen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen.
„Frühe Interventionen sind sehr wichtig, um Chronifizierungen zu vermeiden“, betonte Gündel. Gerade angesichts des enormen Anstiegs an Arbeitsunfähigkeitstagen und an Frühberentungen aufgrund psychischer Erkrankungen, sei der Ansatz der Frühintervention von großer Bedeutung. Bei der PSiB haben Arbeitnehmer die Möglichkeit, am Arbeitsplatz oder unmittelbar vom Arbeitsplatz aus vermittelt, eine Beratung und bei Bedarf eine Kurzzeittherapie (KZT) von zwei bis 12 Stunden durch ärztliche oder Psychologische Psychotherapeuten zu erhalten.
Der Klinikdirektor stellte eine aktuelle Studie vor, die gezeigt hat, dass die Teilnehmer der psychosomatischen Betriebssprechstunde im zweiten Jahr nach Beginn derselben statistisch signifikant weniger Arbeitsunfähigkeits(AU)-Tage als im Jahr vor der Sprechstunde aufwiesen: die Mittelwerte sanken von 65 AU-Tagen auf 50. 72 Prozent derjenigen, die sich meldeten, erhielten tatsächlich die Diagnose einer psychischen Erkrankung. „Für rund ein Drittel der Teilnehmer war die Beratung und KZT in der Sprechstunde ausreichend“, sagte Gündel. Alle anderen wurden anschließend der Regelversorgung weiterversorgt.
„Wenn in einer Betriebssprechstunde nur diagnostiziert wird, beginnen tatsächlich weniger Therapiebedürftige eine Therapie in der Regelversorgung, als wenn eine KZT bereits dort begonnen wurde“, erläuterte Gündel. Eine weitere Stichprobe (N=189) habe gezeigt, dass die persönliche Zufriedenheit von Teilnehmern der PSiB mit der Behandlung signifikant höher gewesen sei, als in der Regelversorgung.
Die Psychosomatische Betriebssprechstunde wird nach Angaben von Gündel, der auch Pressesprecher der DGPM ist, immer mehr nachgefragt. Angeboten werde sie derzeit in dieser Form in Baden-Württemberg und zwar in der Region um Ulm und im Großraum Stuttgart.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: