Politik

Psychotherapie: Warnung vor zweifelhaften Abmahnungen

  • Freitag, 21. Juli 2017
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KVen und DPtV prüfen großflächige Abmahnwelle gegen Psychotherapeuten. /Dan Race, stock.adobe.com

Mainz – Derzeit erhalten niedergelassene psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendpsychotherapeuten (PP und KJP) offenbar reihenweise Abmahnungen einer Anwaltskanzlei. Das teilen die Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz und Bayern (KV RLP, KVB) sowie die Deutsche Psychotherapeuten Vereinigung (DPtV) auf ihren Webseiten mit.

Den Psychotherapeuten wird vorgeworfen, die telefonische Erreichbarkeit nicht zu gewährleisten. Nach Auffassung von Mario Lowey, Abteilungsleiter Recht KV RLP sind diese Abmahnungen nicht rechtens. Die KV RLP und KVB raten dazu, weder die geforderte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung zu unterzeichnen noch die Anwaltsgebühren zu begleichen. Auch die DPtV empfiehlt, nicht auf die Schreiben zu reagieren.

Die Kanzlei bezieht sich in der Abmahnung auf die Nicht-Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen nach §1 Abs. 8 Psychotherapie-Richtlinie. Unter Fristsetzung fordert sie hohe Anwaltsgebühren ein. Psychotherapeuten seien bei einem vollen Versorgungsauftrag verpflichtet, „eine telefonische persönliche Erreichbarkeit durch die Therapeutin oder den Therapeuten oder das Praxispersonal von 200  Minuten pro Woche in Einheiten von mindestens 25 Minuten sicherzustellen…“

Da die angeschriebene Psychotherapeutin beziehungsweise der angeschriebene Psychotherapeut die telefonische Erreichbarkeit nicht sichergestellt hätte und damit einen Verstoß gegen den unlauteren Wettbewerb im Sinne des § 3a UWG begangen hätte, fordert die Kanzlei dazu auf, eine beigefügte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abzugeben. Gleichzeitig erhebt die Kanzlei Gebühren für ihre „Beauftragung“ in Höhe von fast 700 Euro, die die Abgemahnten innerhalb einer kurzen Fristsetzung auf ein angegebenes Konto überweisen sollen.

Oben beschriebene Abmahnung hält Mario Lowey für nicht rechtens. Unter anderem schon alleine deshalb, weil der behauptete Verstoß gegen § 3a UWG auf Ärzte und Psychotherapeuten gar nicht anwendbar sei. Auch ist die Anwendbarkeit des UWG für Beschlüsse, Richtlinien etc. des Gemeinsamen Bundesausschusses ausgeschlossen. 

Wie viele PP und KJP eine Abmahnung erhalten haben ist derzeit noch unklar. Der DPtV sind Fälle in Bayern und Hessen bekannt. Möglicherweise sind aber auch anderen Regionen betroffen.

Inzwischen hat die Augsburger Kanzlei gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt (DÄ) und der KV Hessen bestätigt, dass sie die Abmahnungen nicht weiterverfolgen werden (Stand 27.7.2017). Die Abmahnungen seien bundesweit gegenüber allen Betroffenen zurückgenommen worden und auf die in der Abmahnung geltend gemachten Ansprüche würde verzichten werden. Verpflichtungserklärungen, die abgemahnte Psychotherapeuten unterzeichnet hätten, würde die Kanzlei als nichtig betrachten. Eventuell bezahlte Gebühren würden rückerstattet.

Über die Zahl der Abmahnungen und den Grund der Rücknahme will die Kanzlei auf Anfrage des keine Angaben machen. Sollten bereits Kosten für die Beauftragung eines Rechtsanwalts entstanden sein, sind diese gegenüber der Augsburger Kanzlei geltend zu machen, rät die KV RLP auf ihrer Webseite.

gie

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