Quarantäne: Urteil für Rückkehrer aus Coronarisikogebieten
Erfurt – Arbeitgeber, die für Urlaubsrückkehrer aus Coronarisikogebieten härtere Quarantäneregeln verhängen als von den Behörden vorgesehen, dürfen Beschäftigte grundsätzlich nicht ohne Bezahlung aussperren. Das entschied das Bundesarbeitsgericht in einem Grundsatzurteil (Az.: 5 AZR 154/22) in Erfurt.
Der Kläger, ein Urlaubsrückkehrer aus der Türkei, hatte ein vierzehntägiges Betretungsverbot für seinen Betrieb trotz negativen Coronatests erhalten. Den Präzedenzfall für ein weiteres Coronaurteil des höchsten deutschen Arbeitsgerichts lieferte ein Lebensmittelhersteller aus Berlin.
Der Berliner hatte nach seinem Urlaub im Sommer 2020 in der Türkei, die damals als Coronarisikogebiet vom Robert-Koch-Institut (RKI) eingestuft war, viel unternommen: ein PCR-Test nach Abreise, einen bei Ankunft in Deutschland und noch ein Attest vom Hausarzt. Er sei Covid-19 und beschwerdefrei, wurde ihm bescheinigt.
Trotzdem ließ ihn sein Arbeitgeber nach dem Urlaub nicht in den Betrieb, verlangte zwei Wochen Quarantäne und wollte den Leiter der Nachtreinigung in dieser Zeit nicht bezahlen. Dagegen klagte der Mann – und gewann auch in der höchsten Instanz. Sein Arbeitgeber muss ihm Gehalt nachzahlen – exakt 1.512,47 Euro.
Der Fünfte Senat mit dem Vorsitzenden Richter Rüdiger Linck entschied, dass Unternehmen mit einem Coronahygienekonzept, das strengere Regeln als die behördliche Quarantänepflicht vorsieht, Mitarbeiter bei einem Betretungsverbot trotz negativem Coronatest weiter bezahlen müssen.
Der Arbeitgeber schulde „grundsätzlich Vergütung wegen Annahmeverzugs“, heißt es in der Entscheidung. „Die Ursache der Nichterbringung der Arbeitsleistung“ habe der Arbeitgeber schließlich „selbst gesetzt“. Zudem sei dem Kläger nicht die Möglichkeit gegeben worden, durch einen weiteren PCR-Test eine Infektion weitgehend auszuschließen.
Juristisch ging es darum, ob der Kläger ordnungsgemäß seine Arbeitskraft angeboten hat, diese aber vom Arbeitgeber zu Unrecht nicht angenommen wurde. Daraus ergeben sich Verpflichtungen zur Lohnzahlung oder nicht. Juristen sprechen von „Annahmeverzug“.
Nach Angaben des RKI gibt es seit Anfang Juni 2022 nach Änderung der Coronavirus-Einreiseverordnung nur noch die Kategorie der Virusvariantengebiete. Die Kategorie der Hochrisikogebiete sei entfallen. Rückkehrer brauchten grundsätzlich keinen Nachweis mehr, „dass sie geimpft, genesen oder getestet sind, sofern die Einreise nicht aus einem Virusvariantengebiet erfolgt“.
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