Quarantäneort: Studie soll Erkenntnisse über SARS-CoV-2 liefern

Neustadt am Rennsteig – In einer neuen Studie wollen Wissenschaftler auch herausfinden, ob sich unter den Bewohnern von Neustadt am Rennsteig eine Immunität gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 ausgebildet hat.
„Von der Studie erwarten wir uns einen nachhaltigen Beitrag zur Forschungsdebatte über COVID-19“, sagte Thüringens Wissenschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) heute laut Mitteilung. Neustadt am Rennsteig ist bislang die einzige Kommune in Thüringen, die aufgrund gehäufter Coronainfektionen für zwei Wochen komplett abgeriegelt worden war.
Eine Besonderheit an der Studie sei, dass dafür Daten aus allen Altersgruppen, von Menschen mit und ohne Vorerkrankungen und von Familien- und Singlehaushalten erhoben werden sollen, teilten das Klinikum und der für den Ort zuständige Ilm-Kreis mit.
Das Forscherteam unter Federführung des Universitätsklinikums Jena will nun etwa herausfinden, ob es neben den bekannten 49 Infektionen mit SARS-CoV-2 weitere Fälle gab, die nicht bemerkt wurden und gegebenenfalls asymptomatisch verliefen. „Eine einzigartige Situation wie in Neustadt kann hierbei so wertvolle Erkenntnisse liefern, dass wir diese Chance nicht ungenutzt lassen sollten“, sagte der Leiter des zehnköpfigen Wissenschaftsteam Mathias Pletz.
Am 22. März war in Neustadt am Rennsteig die Quarantäne verhängt worden. Nur noch in Ausnahmefällen, konnte der Ort verlassen oder betreten werden. Auch die Polizei kontrollierte. Die meisten der Einwohner waren im Zuge der Isolation auf das Virus getestet worden, zudem wurden Krankheitssymptome und Kontaktpersonen dokumentiert.
„Wir hatten in Neustadt Bedingungen wie in einem Labor“, sagte die Landrätin des Ilm-Kreis, Petra Enders (parteilos). Die Quarantäne sei eine schwierige Situation für alle gewesen. „Wir konnten aber Infektionsketten unterbrechen und die Ausbreitung des Coronavirus eindämmen“, so Enders.
„Um die Coronakrise erfolgreich zu bewältigen, brauchen wir fundierte Erkenntnisse über die Ausbreitungswege des Virus, Krankheitsverläufe und mögliche Immunitäten nach überstandener Erkrankung“, ergänzte Tiefensee. Geplant sei, dass die Studie mit 500.000 Euro vom Land finanziert werde.
Dafür sollen Bewohner des Orts, in dem zwischen 900 und 1.000 Menschen leben, befragt werden. Zudem werden Abstriche und Blutproben genommen. Das Blut etwa werde auf Antikörpern und spezifische Abwehrzellen getestet. Bis zu einer Auswertung könne es mehrere Monate dauern, hieß es. Mit ersten Ergebnissen rechneten die Forscher aber noch in diesem Jahr.
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