Ausland

Raketenbeschuss auf Bahnhof: Ärzte ohne Grenzen entsetzt

  • Freitag, 8. April 2022
/picture alliance, ASSOCIATED PRESS
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Berlin/Kramatorsk – In einem für Krankentransporte umgebauten Zug hat Ärzte ohne Grenzen noch ges­tern Verletzte aus Kramatorsk, einer Stadt im umkämpften Osten der Ukraine, evakuiert. Heute wurde der Bahnhof mit Raketen beschossen. Es gab zahlreiche Tote und Verletzte. Ob der Transport erneut fahren kann, ist ungewiss.

Nach neuesten Informationen ist die Zahl der getöteten Menschen auf mindestens 50 angewachsen. Sie standen auf dem Bahnhof, um aus Kramatorsk zu entkommen. Unter den Toten seien auch fünf Kinder, teilte der örtliche Gouverneur Pawlo Kyrylenko heute im Messengerdienst Telegram mit. 98 Verletzte seien in umliegende Krankenhäuser gebracht worden.

Zuvor war von mindestens 30 Toten und 100 Verletzten die Rede. Auf Videos und Fotos waren leblose Menschen ne­ben zurückgelassenen Koffern und Taschen sowie einem Kinderwagen zu sehen. Der Bahn­hof wird seit Tagen von tausenden Menschen für die Flucht Richtung Westen genutzt.

Laut dem ukrainischen Eisenbahnchef Olexander Kamischyn schlugen zwei Raketen in den Bahnhof ein. Der Präsident der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, machte Russland für die Attacke verantwortlich. Russ­land wies jegli­che Verantwortung zurück und beschuldigte die Ukraine, den Angriff verübt zu haben.

Gestern und vorgestern hatte Ärzte ohne Grenzen noch 39 Patienten, am Dienstag 17 weitere Menschen mit dem medizinischen Zug von Kramatorsk nach Dnipro und Lwiw gebracht. „Wir waren erst gestern dort, und wir sahen hunderte Menschen dicht gedrängt im Bahnhof, die versuchten, zu entkommen“, sagte Nothilfekoordinator Christopher Stokes.

Die Krankenhäuser hatten Ärzte ohne Grenzen darum gebeten, ihre Patienten mit dem Zug zu evakuieren. Die meisten seien aus Sewerodonezk und anderen Städten der Region Luhansk.

Der umgebaute Krankentransportzug von der ukrainischen Bahn war am vergangenen Freitag erstmals zum Einsatz gekommen. Er hatte neun Patienten in kritischem Zustand, die meisten Verletzte aus der Ha­fenstadt Mariupol, von Saporischschja nach Lwiw gefahren. Seitdem hatten weitere Transporte stattge­funden.

Nothilfekoordinator Christopher Stokes betonte heute, es sei „zweifelhaft“, ob man nach dem Angriff zu­rückkehren könne, um mehr Menschen zu evakuieren. Derzeit arbeiten mehr als 300 Mitarbeitende der Organisation in der Ukraine. Die Arbeit der konzentriere sich vor allem auf den Osten des Landes.

Neben den Krankentransporten hat ein Team der Organisation mobile Kliniken in U-Bahnstationen von Charkiw eingerichtet. Mehr als 800 Schutzsuchende habe das Team bereits medizinisch versorgt, so die Hilfsorganisation. Außerdem schule Ärzte ohne Grenzen medizinisches Personal in mehr als 20 Kran­ken­häusern der Ukraine in Kriegschirurgie und für den Fall eines massenhaften Zustroms von Verletzten.

Auch in den Nachbarländern der Ukraine ist Ärzte ohne Grenzen insbesondere an den Grenzübergängen für Geflüchtete aus der Ukraine aktiv. In der Republik Moldau beispielsweise hat die Organisation Gesundheitsstationen eingerichtet, in denen Geflüchtete medizinisch versorgt werden und erste Hilfe im psychologischen Bereich erhalten können.

In Ungarn versorgen Teams der Organisation zusammen mit lokalen Ärzten Geflüchtete in der Grenzre­gion. In Polen und in Russland hat Ärzte ohne Grenzen Hilfsgüter für Geflüchtete verteilt. In der Slowakei seien ebenfalls Hilfen geplant.

mim/may/afp/dpa

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