Politik

„Refudocs“ helfen Flüchtlingen

  • Freitag, 18. September 2015
Uploaded: 18.09.2015 16:29:37 by mis
Die Praxisräume des Kinderarztes bei refudocs /dpa

München – In der Münchener Erstaufnahmeeinrichtung leben zurzeit 1.200 Flüchtlinge. Über ihre medizinische Betreuung informierten sich gestern die Menschen­rechtsbeauftragten der Landesärztekammern. Sie besuchten die Praxis der Refudocs ­– Verein zur medizinischen Versorgung von Flüchtlingen, Asylsuchenden und deren Kindern, auf dem Gelände der Erstaufnahmeeinrichtung.

Die kurative medizinische Versorgung bereitet den Flüchtlingen oft Probleme. So sei der Zugang zum Gesundheitswesen für die Betroffenen mit sprachlichen, kulturellen und bürokratischen Hindernissen verbunden, sagte Mathias Wenderborn, Kinderarzt und Initiator von Refudocs. In Zusammenarbeit mit dem bayerischen Sozialministerium und der Regierung von Oberbayern habe man deshalb ein neues Konzept entwickelt, das den Besonderheiten der Migrantenmedizin auf verschiedenen Ebenen Rechnung trage.

Dieses gliedere sich in das beschriebene Erstscreening im Ankunftszentrum, die nach § 62 Asylbewerberleistungsgesetz vorgeschriebene Erstuntersuchung bei Unterbringung, die medizinische Akutversorgung in der Erstaufnahme durch die Refudocs und die medizinische Akutversorgung über Behandlungsschein zum Beispiel in Dauer­unterkünften. Dieses System gebe es in anderen so Städten nicht.

In der Praxis der Erstaufnahmeeinrichtung werden nach Auskunft Wenderborns täglich etwa 50 bis 70 Patienten behandelt. Vom 1. Januar bis 30. Juni seien in der Refudocs-Praxis circa 4.000 Patienten behandelt worden, „viele davon mehrfach, so dass wir circa 6.000 Behandlungsfälle hatten.“ Das Gebäude auf dem Gelände der ehemaligen Bayern­kaserne sei um Container erweitert worden, so dass in den Bereichen Allgemein­medizin, Gynäkologie, Psychiatrie und Pädiatrie jeder Facharzt die Möglichkeit habe, in einem eigenen Sprechzimmer unter Wahrung der Privatsphäre die Patienten zu behandeln.

Die Praxisgegenstände seien von Ärzten gespendet worden, die Einrichtung sei in einem schwedischen Möbelhaus erworben worden. Seit letzter Woche sei auch eine Dermatologin vor Ort, die die Flüchtlinge auf unversorgte Hautinfektionen, Wunden und Verletzungen untersuchen und behandeln könne. „Wir haben den gesamten Dolmetscher­­pool der Stadt München und zusätzlich noch ein eigenes Netzwerk von Dolmetschern“, betont Wenderborn.

Mit Genehmigung der bayerischen Landesregierung habe man auch das Dispensier­recht der Apotheken aufgehoben. „Aus diese Weise können wir den Patienten bei Zahnschmerzen oder Muskelverspannungen Schmerzmittel mitgeben, ohne dass sie zum Apotheker müssen.“

Die Angebote sind niedrigschwellig, das heißt die Asylbewerber können ohne Krankenschein in die Praxis kommen. Alle Mitarbeiter erhalten vom Verein eine Aufwandsentschädigung nach geleisteten Stunden, für die die Regierung von Oberbayern aufkommt. Daraus finanzieren sich auch die laufenden Kosten des Vereins. 

Kli

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