Medizin

Risikogene für das Sjögren-Syndrom gefunden

  • Montag, 7. Oktober 2013

Oklahoma City – Die Ergebnisse der ersten beiden genomweiten Assoziationsstudien zum Sjögren-Syndrom, einer häufigen, aber wenig erforschten Autoimmunerkrankung, haben mehrere Risikogene zu Tage befördert, die ein (wenig) Licht auf die Pathogenese der Erkrankung werfen.

Das Sjögren-Syndrom ist häufiger als allgemein vermutet. Trockenheit von Mund und Augen führen jedoch nicht alle Patienten zum Arzt, und in der Praxis lösen die Leitsymptome Xerostomie und Keratoconjunctivitis sicca nicht immer eine konsequente Diagnostik aus, die nach der American-European-Consensus-Group den Nachweis von antinukleären Antikörpern gegen Ro und/oder La oder aber den Nachweis einer Entzündung der Speicheldrüsen in einer Biopsie erfordert.

Studien schätzen die Prävalenz des Sjögren-Syndroms indes auf etwa 0,7 Prozent der Bevölkerung, wobei neun von zehn Patienten weiblich sind. Die Ursache ist nicht bekannt. Wie bei vielen anderen Autoimmunerkrankungen besteht eine Assoziation mit HLA-Genen, die auch in den beiden genomweiten Assoziationsstudien (GWAS) bestätigt werden konnte. Eine der Studien wurde in den westlichen Ländern (USA, Europa, Australien) und die andere in China durchgeführt.

Die erste GWAS konnte unter der Leitung von Christopher Lessard von der Oklahoma Medical Research Foundation die Gene von 2.000 Patienten mit 7.000 Kontrollen vergleichen, dem anderen Team um Fengchun Zhang vom Peking Union Medical College Hospital standen nur Proben von 504 Patienten und 1.059 Kontrollen zur Verfügung. Da bei GWAS mit der Teilnehmerzahl die Chance auf die Entdeckung neuer Risikogene steigt, überrascht es nicht, dass Lessard in Nature Genetics (2013; doi: 10.1038/ng.2792) gleich sechs neue Risikogene beschreibt. Zhang stieß jedoch auf ein weiteres Risikogen, das Lessard entweder übersehen hat oder aber bei westlichen Patienten keine Rolle spielt.

Alle Gene, in denen Lessard Risikovarianten identifizierte, stehen in Beziehung zur Autoimmunreaktion. Die Gene IRF5 und STAT4 gehören zu den Transkriptonsfaktoren, die an einer Typ-1-Interferon-Antwort beteiligt sind, die bereits frühere Untersuchungen mit der Pathogenese des Sjögren-Syndroms in Verbindung gebracht hatten.

CXCR5 dirigiert die Lymphozyten und könnte laut Lessard erklären, warum die Abwehrzellen ausgerechnet die Tränen- und Speicheldrüsen ins Visier nehmen. TNIP1 könnte die häufige Verwandtschaft mit anderen Autoimmunerkrankungen erklären, während TNFAIP3 dafür bekannt ist, die Bremsen des Immunsystems zu lösen. IL12A ist eine Untereinheit eines Zytokins Interleukin 12, das die Immunantwort moduliert, und BLK ist als Gen in B-Zellen an der Bildung von Antikörpern beteiligt, die Grundlage der Autoimmunreaktion sind.

Die Bedeutung der von Zhang zusätzlich entdeckten Risikovariante ist nicht bekannt, da dem Gen GTF2I bislang noch keine Funktion im Körper zugeordnet werden konnte. Die beiden Studien bestätigen, dass die angeborene und die erworbene Immunantwort eine wichtige Rolle in der Pathogenese spielen. Ansatzpunkte für spezifische Therapien ergeben sich vorerst nicht.

Das Sjögren-Syndrom wird in der Regel symptomatisch behandelt. Die Trockenheit der Augen kann durch Tränenersatzmittel gelindert werden. Gegen die Mundtrockenheit hilft häufig eine gute orale Pflege. Anticholinergika wie Pilocarpin oder Cevimelin können manchmal die Tränen- und Speichelproduktion steigern. Vom Einsatz von Steroiden oder Immunsuppressiva wird bei der lokal begrenzten und gutartigen Erkrankung in der Regel abgesehen.

rme

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