5 Fragen an...

„Nur wenn wir uns präventiver aufstellen, können wir die Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems aufrechterhalten“

  • Mittwoch, 19. März 2025

Berlin – Der neue Bundestag konstituiert sich am 25. März. An diesem neuen Parlament werden 333 Abgeordnete der vorherigen Legislatur nicht mehr teilnehmen, darunter auch einige Gesundheitspolitikerinnen und -politiker.

Das Deutsche Ärzteblatt sprach mit vier scheidenden Abgeordneten über ihre jeweilige gesundheitspolitische Bilanz der vergangenen Jahre, was sie für ihre Arbeit im Bundestag schon gerne früher gewusst hätten und was nun nach der Zeit in Berlin für sie persönlich folgt.

Der Rechtsanwalt Dietrich Monstadt (CDU) saß seit 2009 im Bundestag und wurde bei der vergangenen Wahl nicht wiedergewählt. Er hatte sich in den vergangenen Jahren insbesondere für eine bessere Versorgung von Diabetespatientinnen und -patienten aufgrund seiner eigenen Erkrankung eingesetzt. Monstadt räumte im Gespräch unter anderem ein, dass sich die Gesundheitspolitik stärker auf Prävention konzentrieren hätte müssen. Um Herausforderungen der Zukunft zu lösen, müsse dieser Bereich dringend ausgebaut werden. Aus diesen Gründen schlägt er zudem vor, über einen Neuzuschnitt des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) nachzudenken.

Dietrich Monstadt/ DBT -von Saldern
Dietrich Monstadt/ DBT -von Saldern

5 Fragen an Dietrich Monstadt (CDU)

Wie ist es für Sie, nach so vielen Jahren den Bundestag zu verlassen?
Das ist kein leichter Schritt, wenn man sich wie ich nochmal durchgerungen hat, anzutreten, aber dann nicht wiedergewählt wird. In vielerlei Hinsicht hat mich das zum Nachdenken gebracht. Das hätte ich vorher nicht so eingeschätzt. Man investiert als Bundestagsabgeordneter auf verschiedener Ebene, etwa im Wahlkreis, in der Partei oder in unterschiedlichen Gremien viel Zeit und Energie. Wenn man von einem Tag auf den anderen dort nicht mehr vertreten ist, muss man sich überlegen, wie und ob man sich anderweitig noch einbringen kann. Diese Gedanken möchte ich jetzt sortieren und neue Schwerpunkte setzen.

Was war für Sie der jeweils gesundheitspolitische Höhe- und Tiefpunkt in all der Zeit? Was hätte man eher angehen müssen?
Als insulinpflichtiger Diabetiker bin ich stolz, dass wir in der Arbeitsgemeinschaft Gesundheit der Union eine spezielle Zuständigkeit für Diabetes und Adipositas eingerichtet haben. Diese Aufgabe habe ich jahrelang begleitet und mich für eine verbesserte Versorgung von Menschen mit Diabetes eingesetzt. Entsprechend konnte ich auch an der nationalen Diabetesstrategie mitarbeiten und sie auf den Weg bringen. Das gehört zu den politischen Erfolgen, an denen ich maßgeblich mitgewirkt habe.

Leider ist die Weiterentwicklung dieser Strategie in den letzten Jahren unter Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) liegengeblieben. Das halte ich für einen Fehler und ist aus meiner Sicht ein gesundheitspolitischer Tiefpunkt. Ein weiterer Tiefpunkt war, dass wir im letzten Wahlkampf 2021 aus der Regierungsverantwortung abgewählt worden sind. Wir haben damals einen engagierten Wahlkampf geleistet, hatten aber aufgrund verschiedener Gründe keine Chance uns durchzusetzen.

Aufgrund des demografischen Wandels werden in den nächsten zehn Jahren etwa 30 Prozent des Gesundheitspersonals ausscheiden, und es kommen viel zu wenig Jüngere nach. Wenn wir die Gesundheitsversorgung weiter so organisieren, wie wir es jetzt tun, dann können wir sie vermutlich nicht mehr in gewohntem Umfang anbieten. Umso wichtiger ist, die Probleme stärker über Prävention zu lösen. Das fordere ich schon lange. Nur wenn wir uns präventiver aufstellen, und wenn wir Kindern und Jugendlichen im Kindergarten oder in der Schule beibringen, auf die richtige und gesunde Ernährung und mehr Bewegung zu setzen, können wir die Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems so aufrechterhalten, wie wir es gewohnt sind.

Hierzu hätte ich mir mehr Ansätze gewünscht, obwohl wir Vieles versucht haben. Leider ist dieses Ziel durch die COVID-19-Pandemie etwas weiter weggerückt. Es bräuchte aber eine präventive Ausrichtung bei der Vergabe von Geldern, bei der Motivation der Selbstverwaltung, mehr Aufklärung und insbesondere müssten Krankenkassenfinanzen so eingesetzt werden, dass Patientinnen und Patienten gar nicht erst erkranken.

Welchen Rat geben Sie Ihren gesundheitspolitischen Nachfolgerinnen und Nachfolgern im Bundestag mit? Was hätten Sie gerne zu Beginn der Zeit als Abgeordnete im Bundestag gewusst?
Von meinen Nachfolgerinnen und Nachfolgern bzw. Ministern wünsche ich mir, dass sie genau diese Punkte angehen und sich für mehr Prävention einsetzen. Lauterbach hat drei Jahre lang nichts zu diesem Thema umgesetzt. Er wird hingegen als Gesundheitsminister in der Geschichte der Bundesrepublik eingehen, der das Kiffen legalisiert hat. Und das, obwohl er selbst Arzt ist und immer wieder betont hatte, dass Menschen von Cannabiskonsum bis zum 25. Lebensjahr Gesundheitsschäden bekommen können. Gleichzeitig hat er das Kiffen ab dem 18. Lebensjahr legalisiert. Eine solche Gesetzgebung auf den Weg zu bringen, ist für mich unverständlich. Mein Ratschlag ist daher, dass man auf Fachfrauen und Fachmänner setzt und dafür sorgt, dass das Gesundheitssystem leistungsfähig bleibt.

Ich denke für Abgeordnete, die sich erstmalig mit Gesundheitspolitik beschäftigen, ist es zudem wichtig, sich zunächst Wissen über das komplexe System anzueignen. Man muss wissen, was am anderen Ende herauskommt, wenn man an den Rädern dreht. Wenn man das nicht weiß, sollte man daran nicht drehen. Um das zu durchdringen und einen Überblick über das Gesundheitssystem zu bekommen, braucht es relativ lange Zeit. Wenn das geschafft ist, kann man sich in die Diskussionen einbringen und versuchen, Verbesserungen anzustreben.

Wen wünschen Sie sich als nächsten Bundesgesundheitsminister/nächste Bundesgesundheitsministerin? Bzw. wer könnte es Ihrer Meinung nach realistisch werden?
Ich wünsche mir jedenfalls nicht eine Fortführung des Amtes durch Karl Lauterbach. Das wäre keine gute Besetzung, da die Akteure im Gesundheitswesen ihn nicht akzeptieren. Darüber hinaus möchte ich keine Spekulationen abgeben. Ich bin jedoch dafür, dass man über den Zuschnitt der Ministerien nachdenkt. Da gesunde Ernährung gesundheitsfördernd ist, sollte das Thema Ernährung künftig nicht mehr im Landwirtschaftsministerium, sondern besser im Gesundheitsministerium angesiedelt sein. Diese Frage stellt sich aber auch vor dem Hintergrund, ob das Thema Soziales ans Gesundheitsministerium angekoppelt werden könnte oder andersherum. Ich würde mir wünschen, dass Gesundheitspolitik eigenständig bleibt. Gesundheitspolitische Fragestellungen sind die herausragend wichtigen Probleme unserer Gesellschaft.

Was planen Sie nach dem Ende der Zeit als Abgeordnete zu machen? Wollen Sie sich weiter gesundheitspolitisch engagieren und wenn ja, in welcher Form?
Wenn ich mein Mandat als Bundestagsabgeordneter beende, bin ich erstmal Rentner. Ich werde aber weiter – zeitlich reduziert – als Anwalt tätig sein. Solange es meine Gesundheit zulässt, möchte ich in diesem Bereich weiterarbeiten. Ich kann mir zudem gut vorstellen, in einer beratenden Funktion zu Abläufen oder juristischen Fragen im Kontext der Gesundheitspolitik tätig zu sein oder Vorträge zu gesundheitspolitischen Fragestellungen zu halten. Dafür möchte ich gerne zukünftig zur Verfügung stehen.

cmk/bee

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