Uniklinika: „Vier Prozent des Umsatzes für die IT-Infrastruktur“
Köln – Die Universitätsklinika schlagen Alarm: Durch die anhaltende Unterfinanzierung fehle Geld für den Aufbau leistungsfähiger IT-Kapazitäten. Anlässlich seines Innovationskongresses hat der Verband der Universitätsklinika Deutschlands (VUD) heute ein Positionspapier zu den Anforderungen an eine leistungsfähige IT-Ausstattung für die Hochschulmedizin veröffentlicht.

5 Fragen an Prof. Dr. med. Christoph Reiners, Vorsitzender des IT-Ausschusses des VUD
DÄ: Der VUD fordert kurzfristig ein zielgerichtetes Förderprogramm des Bundes für die Weiterentwicklung der IT-Infrastruktur an den Universitätsklinika. Wie hoch muss dieses mindestens ausfallen?
Reiners: Nach Schätzungen des VUD hat derzeit jede deutsche Uniklinik einen ungedeckten finanziellen Mehrbedarf von fünf bis zehn Millionen Euro jährlich für ihre IT-Ausstattung. Hier sind Investitionslücken entstanden, deren Folgen bereits zu spüren sind: Die deutschen Uniklinika geraten mit ihrer IT-Ausstattung im internationalen Vergleich ins Hintertreffen.
Mit kurzfristigen Finanzhilfen alleine lösen sie dieses Problem allerdings nicht. Entscheidend ist vielmehreine zwischen Bund und Ländern abgestimmte und langfristige strukturelle Förderung der IT-Ausstattung der Uniklinika. Voraussetzung dafür ist, dass die Länder ihre Investitionsmittel für die universitäre Medizin dem heutigen Potenzial der IT anpassen.
Aus diesem Grund fordert auch die Expertenkommission „Forschung und Innovation“ in einem Gutachten für die Bundesregierung, Bund und Länder zu einem gemeinsamen Aktionsplan für die medizinische Forschung auf. Während in den zurückliegenden zehn Jahren die technischen Möglichkeiten geradezu explodiert sind, haben die Landeszuführungsbeträge stetig abgenommen. Die Grundausstattung für die IT-Infrastruktur, hierzu zählen neben den Mitteln Software und Technik vor allem auch Personalkosten für qualifizierte Mitarbeiter, muss dauerhaft auf mindestens vier Prozent des Umsatzes der Uniklinika erhöht werden.
DÄ: In welche Projekte soll das Geld konkret?
Reiners: Wir denken hierbei vor allem an die Schlüsseltechnologien, mit denen langfristig ein hohes Forschungspotential gesichert werden kann.
DÄ: Welche Technologien sind dies?
Reiners: Für die Medizininformatik ist dies vor allem der Umgang mit großen Datenmengen, also die so genannte Big-Data-Technologie. Moderne Bildgebungsverfahren, Biobanken und die Genomanalytik generieren enorme Datenmengen. Wir können den damit verbundenen Nutzen noch gar nicht vollkommen abschätzen.
Daher müssen wir heute in Technologien investieren, mit denen diese Datenmengen medizinisch nutzbar gemacht werden können, beispielsweise für die personalisierte Medizin. Hier geht es um den Aufbau von Technologien für ein umfassendes Wissensmanagement. Hinzu kommen E-learning-Projekte, die eine Etablierung innovativer Medizinstudiengänge ermöglichen.
DÄ: Sehen Sie dann Chancen, dass der Bund tatsächlich zusätzliches Geld in die IT-Ausstattung der Hochschulmedizin investiert?
Reiners: Ich erwarte sehr bald Vorschläge der Bundesregierung für konkrete Förderprogramme.
DÄ: Was macht Sie so optiomistisch?
Reiners: Nicht von ungefähr hat Bundesforschungsministerin Johanna Wanka beim Medizinischen Fakultätentag im Juni dieses Jahres den Start eines Aktionsprogrammes Medizininformatik angekündigt. Auch mit ihrem Koalitionsvertrag hat die Bundesregierung die Bedeutung dieses Themas für eine bessere Versorgungsforschung erkannt. Hohe Rechenkapazitäten, die Genomdiagnostik und neue Bildgebungsverfahren bieten völlig neue Möglichkeiten für die Erforschung von Volkskrankheiten wie Krebs, Diabetes oder von dementiellen Erkrankungen. In den nächsten Jahren wird ein Drittel der weltweit erhobenen und austauschbaren Daten auf den Gesundheitssektor entfallen. Ich bin ganz sicher, dass die Bundesregierung diese Bedeutung der Medizin-IT für die Weiterentwicklung des Forschungsstandortes Deutschland und für die Verbesserung unserer Gesundheitsversorgung erkannt hat.
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