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„Wichtig war, dass das Zystadenom nicht platzt“

  • Sonntag, 11. Februar 2024

Magdeburg – Im Januar hatten Ärztinnen und Ärzte der Universitätsfrauenklinik Magdeburg haben einer 24-jährigen Frau ein mehr als 30 Kilogramm schweres Zystadenom entfernt. Die Operation fand unter der Lei­tung des Klinikdirektors Atanas Ignatov statt. Im Interview mit dem Deutschen Ärzteblatt berichtet der Gynä­kologe über die Herausforderungen bei einem solchen Eingriff und wie es der jungen Frau jetzt geht.

Atanas Ignatov /Sarah Rinka
Atanas Ignatov /Sarah Rinka

Welche Symptome hatte die Patientin? Können Sie erklären, warum das Zystadenom so groß werden konnte?
Als die Patientin zu uns kam, war der Befund sehr ausgeprägt. Sie sagte, dass der Tumor innerhalb weniger Monate so groß geworden wäre. Ich gehe aber davon aus, dass es über einen deutlich längeren Zeitraum, wenn nicht über Jahre gewachsen ist. Möglicherweise hat sie diese Veränderung ausgeblendet und ignoriert. Erst als Beschwer­den auftraten, suchte sie ärztliche Hilfe.

Ein Symptom, das die Patientin zu uns führte, war Luftnot. Ein ande­res, dass sie nicht mehr ausreichend Nahrung zu sich nehmen konnte. Ursache für die Beschwerden war die Ausdehnung des Tumors, wo­durch Organe wie Lunge und Darm verdrängt wurden.

Nach der körperlichen Untersuchung, in der wir unter anderem die Beweglichkeit des Tumors überprüft haben, folgten eine Sonografie und eine Computertomografie. Die Befunde wiesen auf das Vorliegen eines gutartigen Zystadenoms hin.

Tumoren solcher Größe bei jungen Frauen sind in den meisten Fällen auf eine gutartige gynäkologische Erkrankung zurückzuführen. Aber sicher kann man sich natürlich nie sein.

Vor welche Herausforderungen stellte der Eingriff Sie und Ihr Team, worauf mussten Sie bei der Operation besonders achten?
Wir haben zu dritt operiert und das betroffene Ovar entfernt. Wichtig war, dass das Zystadenom nicht platzt. Denn es hätte sich auch um einen Borderlinetumor handeln können, bei dem die Flüssigkeit beziehungsweise Krebszellen nicht in den Bauchraum gelangen sollten.

Im Prinzip ist dies eine einfache Operation, die aber durch die Ausmaße des Zystadenoms erschwert wurde. Man kann sich den Tumor wie einen großen mit Flüssigkeit gefüllten Luftballon vorstellen. Entsprechend vorsichtig mussten wir vorgehen, um ihn nicht versehentlich zu öffnen und die Flüssigkeit im Bauchraum zu verteilen.

Hinzu kamen Adhäsionen mit dem Darm und der Bauchdecke, die aufgrund des langsamen Wachstums des Tumors entstanden sind. Diese mussten wir vorsichtig präparieren und lösen.

Größe und Gewicht des Tumors stellten uns vor weitere Probleme. Mehr als 30 Kilogramm zu heben, ist schon schwierig genug. Erschwerend kam das Hin-und-her-Schwappen der Flüssigkeit hinzu. Wir haben den Tumor daher zur Seite gekippt und dann entfernt.

Wie geht es der Patientin nach dem Eingriff jetzt?
Der Patientin geht es sehr gut. Der Darm muss wieder seinen Platz im Bauchraum finden. Bis dahin wird sicherlich noch etwas Zeit vergehen.

Wird die Patientin von Ihnen weiter betreut beziehungsweise was muss in der Nachsorge beachtet werden?
Ihre behandelnde Gynäkologin betreut sie weiter. Da wir nur das betroffene Ovar entfernt haben, kann die Patientin auch schwanger werden, sofern sie es wünscht.

Es besteht allerdings das Risiko, dass in dem verbliebenen Ovar ebenfalls ein Zystadenom auftritt. Das kann in etwa 20 bis 30 % der Fälle vorkommen.

Wie häufig sind Zystadenome?
Zystadenome sind die häufigsten Tumoren des Eierstocks. Sie treten in der Regel im reproduktionsfähigen Alter auf, denn die meisten sind hormonell bedingt. Eine von fünf Frauen im entsprechenden Alter ist be­troffen. Meiner Erfahrung nach kommen sie im immer jüngeren Alter vor.

Viele Betroffene bleiben aber auch unerkannt, da Zystadenome nicht immer Beschwerden verursachen. Wir können die Häufigkeit daher nicht genau einschätzen. Oft werden sie bei sonografischen Untersuchungen entdeckt.

Einige Zystadenome können sich zurückbilden. Wenn sie entdeckt werden, sind sie häufig aber doch relativ groß, bis zu etwa 20 Zentimeter im Durchmesser.

Als große Gefahr bei diesen Tumoren gilt die Stieldrehung etwa durch abrupte Bewegungen zum Beispiel beim Geschlechtsverkehr oder beim Sport, die als Notfall einzustufen ist und sofort behandelt werden muss.

aks

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