„Wir brauchen Beteiligung auch für technikferne Menschen“
Berlin – Mit Blick auf die Bundestagswahl und den Stellenwert, den Gesundheit durch die Pandemie bekommen hat, stellt sich die Frage: Was müsste eigentlich wirklich im Gesundheitswesen verändert werden?
Dazu hat das Deutsche Ärzteblatt (DÄ) 18 Expertinnen und Experten aus allen Bereichen der Gesundheitsversorgung und mit unterschiedlichen Schwerpunkten in in einer Interviewreihe befragt.
Diesmal: Susanne Springborn, Hausärztin in Wiesbaden-Breckenheim, fordert vor allem eine Begleitung von Patientinnen und Patienten in die neue Welt der Digitalisierung im Gesundheitswesen.

5 Fragen an Susanne Springborn, Hausärztin in Wiesbaden
DÄ: Welches sind aus Ihrer Sicht die drei drängendsten Probleme im Gesundheitsbereich, die die nächste Bundesregierung als erstes angehen sollte?
Springborn: Erstens der Fachkräftemangel: Hier müssen dringend Anreize geschaffen werden – beispielsweise durch Verbesserung der Work-Live-Balance, besseren Identifikationsmöglichkeiten mit der jeweiligen Aufgabe und natürlich der Vergütung.
Zudem muss die Vernetzung der Gesundheitsdienstanbietenden mit einer Fokussierung auf die entsprechenden Kernkompetenzen verbunden werden. Wichtig ist eine Ermöglichung von wertschätzender Kommunikation auf Augenhöhe.
Drittens brauchen wir mehr digitale Teilhabe. So sollten dringend Modelle einer Digitalisierungsassistenz für technikferne Menschen aber auch für die Umsetzung im Gesundheitssektor etabliert werden.
DÄ: Was behindert den ambulanten Praxisalltag am meisten?
Springborn: Als großes Problem sehe ich die Leistungsverdichtung durch Fachkräftemangel und technischen Schwierigkeiten (bedienungsunfreundliche EDV). Hierdurch bleibt oft zu wenig Zeit für die Kernaufgabe Zuwendung.
DÄ: Wenn Sie eine/n Nachwuchsmediziner/in überzeugen müssten: Was spricht heute noch für eine Niederlassung in eigener Praxis?
Springborn: Ganz klar: Die Selbstbestimmtheit sowie die Vergütung.
DÄ: Wie bewerten Sie die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen im stationären Bereich?
Springborn: In meinem eigenen Netzwerk läuft die kollegiale Zusammenarbeit ausgezeichnet.
DÄ: Vor dem Hintergrund steigender Behandlungsbedarfe und zugleich begrenzter Ressourcen wird zunehmend über eine stärkere Patientensteuerung – auch abseits der Notfallversorgung – diskutiert. Wie schätzen Sie die Notwendigkeit sowie mögliche Lösungsansätze ein?
Springborn: Stärkere Patientensteuerung setzt aus meiner Sicht vor allem eine optimierte Kommunikation voraus. Nötig ist auch eine angemessene Bedarfsermittlung und Bedarfserfüllung – beispielsweise durch nachhaltiges Empowerment der Patientinnen und Patienten sowie der Gesundheitsdienstleistenden im Quartier.
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