Angriffe auf syrische Kliniken: Weltärztebund kritisiert internationale Gemeinschaft

Ferney-Voltaire – Als „humanitären Skandal“ hat der Weltärztebund (World Medical Association, WMA) die jüngste Bombardierung von Krankenhäusern in Syrien bezeichnet. Die Kritik richtet sich auch gegen die internationale Gemeinschaft.
„Wir können nicht länger zusehen, wie sich eine solche menschliche Katastrophe ausbreitet. Die Verantwortlichen für diese Anschläge müssen identifiziert und für ihre schrecklichen Handlungen zur Rechenschaft gezogen werden“, sagte der Präsident des WMA, Yoshitake Yokokura. Seit Samstag gilt auf der Basis einer UNO-Resolution eine 30-tägige Waffenruhe in Syrien – eigentlich. Die Kämpfe gehen gleichwohl unvermindert weiter.
Systematische Zerstörungsversuche
Yokokura kritisierte, die internationale Gemeinschaft sei zu langsam gewesen, um die Bombardierung von Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen in Syrien zu verurteilen. „Zu oft ignoriert die internationale Gemeinschaft diese Angriffe, bis es zu spät ist“, sagte der WMA-Präsident. Patienten, Ärzte und Krankenschwestern brauchten und verdienten den Schutz der Regierungen der Welt, betonte er.
Gegenwärtig würden sie aber von der internationalen Gemeinschaft missachtet. Yokokura wies darauf hin, dass es sich bei den Angriffen auf medizinische Einrichtungen mitnichten um Kollateralschäden des bewaffneten Konfliktes handle, vielmehr habe es einen systematischen Versuch gegeben, Gesundheitseinrichtungen in Syrien ins Visier zu nehmen.
Diese Kriegsstrategie ist im nun rund sieben Jahre währenden Syrienkonflikt nicht neu. Bereits vor einem Jahr berichtete eine auf Syrien spezialisierte Kommission der Fachzeitschrift The Lancet unter der Leitung der American University of Beirut, der Zugang zu medizinischer Versorgung werde in Syrien zunehmend als Waffe missbraucht. Anhand ihrer Daten machen die Autoren für 94 Prozent der Fälle die syrische Regierung und ihren Alliierten Russland für die Anschläge auf medizinische Einrichtungen verantwortlich.
Sie berichten, dass einzelne Einrichtungen mehrfach angegriffen wurden, um ihre Schließung herbeizuführen. Beispielsweise wurde das Kafr Zita Cave Hospital in Hama von 2014 bis 2017 33-mal bombardiert. Die Forscher betonten, dass ein derartiges Ausmaß der gezielten Zerstörung medizinischer Einrichtungen einem Kriegsverbrechen gleichkomme.
Auch die Bundesärztekammer (BÄK) hat wiederholt gegen die Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen protestiert. So betonte deren Präsident Frank Ulrich Montgomery im Sommer 2017, es sei „absolut inakzeptabel, dass in Syrien, aber auch in anderen Kriegsgebieten, Gesundheitseinrichtungen als Teil der Infrastruktur offenbar gezielt angegriffen und sogar bombardiert werden. Wir müssen uns entschieden dagegen stemmen, dass die Prinzipien des Völkerrechts in bewaffneten Konflikten mehr und mehr verloren gehen“, sagte der BÄK-Präsident.
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