Ausland

Bluttransfusion für Zeugin Jehovas: Spanien muss Entschädigung zahlen

  • Mittwoch, 18. September 2024
/picture alliance, Robert B. Fishman
/picture alliance, Robert B. Fishman

Straßburg – Wegen einer Bluttransfusion gegen den Willen einer Zeugin Jehovas hat der Europäische Gerichts­hof für Menschenrechte eine Geldstrafe gegen Spanien verhängt.

Das in Straßburg ansässige Gericht urteilte, dass das Land gegen das in der Europäischen Menschenrechtskon­vention verankerte Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens sowie gegen das Recht auf Religionsfrei­heit verstoßen habe.

Spanien müsse der Frau deshalb 26.000 Euro zahlen, entschied das Gericht. Davon sollen 12.000 Euro für den erlittenen Schaden sein und 14.000 Euro für die entstandenen Prozesskosten.

Dem Urteil lag der Fall einer aus Ecuador stammenden Frau zugrunde, die der Religionsgemeinschaft der Zeu­gen Jehovas angehört. Während einer Notoperation waren der in Spanien lebenden Frau im Jahr 2018 Blut­trans­fusionen verabreicht worden.

Solche Transfusionen verstoßen nach Auffassung der Zeugen Jehovas allerdings gegen Gottes Willen, weswe­gen die Frau im Vorfeld mehrere Dokumente unterzeichnet hatte, um dies zu verhindern.

Als sie im Jahr 2018 wegen starker Blutungen von einem Krankenhaus in ihrem Wohnort Soria nach Madrid verlegt worden war, erkundigten sich die dortigen Ärzte noch wegen ihrer Religionszugehörigkeit bei einem Richter, wie sie verfahren sollten. Dieser wusste nichts von den zuvor eingereichten Dokumenten und ge­neh­migte die Bluttransfusion.

Nach ihrer Genesung verklagte die Frau den Richter, wurde aber von der spanischen Justiz abgewiesen, wes­wegen sie im März 2020 vor den Menschenrechtsgerichtshof zog.

Dieser urteilte nun, dass die Mediziner zwar von dem Anliegen motiviert gewesen seien, „eine wirksame Be­handlung der Patientin zu gewährleisten“. Die Frau habe auf der anderen Seite aber nicht in hinreichendem Maße ihre „Autonomie“ ausüben können, „um eine wichtige Lehre ihrer Religion zu befolgen“.

Die 58-Jährige selbst äußerte sich nach Urteilsspruch froh darüber, dass „der Gerechtigkeit Genüge getan“ worden sei. Sie hoffe zudem, dass die Entscheidung es ermöglichen werde, „die Rechte anderer Menschen in Zukunft zu respektieren“, erklärte sie.

Die Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas lehnt Bluttransfusionen ab. Sie betrachten Blut als etwas Heiliges und verweisen auf mehrere Bibelstellen.

afp

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung