Europäische Union hat keinen Überblick über eigene Digitalisierungsförderung im Gesundheitswesen

Berlin – Die Europäische Union (EU) spielt in vielen ihrer Mitgliedstaaten bei der Digitalisierung der Gesundheitswesen eine entscheidende Rolle. Die von ihr gewährten Fördermilliarden werden zwar in großem Maße genutzt, allerdings bereiten die komplizierten Antragsbedingungen vielen Staaten große Schwierigkeiten – und niemand hat einen genauen Überblick über die verwendeten Summen.
Zu diesen Ergebnissen kommt ein jüngst vom Europäischen Rechnungshof vorgelegter Sonderbericht. Demnach ermöglichen EU-Finanzierungsprogramme zur Digitalisierung des Gesundheitswesens vor allem in kleineren und wirtschaftlich weniger starken Mitgliedstaaten, finanzielle Beschränkungen der nationalen Haushalte zu überwinden.
So seien im Rahmen der Kohäsionspolitik, mit der der Zusammenhalt in der EU gestärkt werden soll, in den Planungszeiträumen 2014 bis 2020 sowie 2021 bis 2027 insgesamt 2,4 Milliarden Euro bereitgestellt worden. Über die zur Bewältigung der Coronapandemie eingerichtete Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF) seien zusätzliche 13,6 Milliarden Euro bereitgestellt worden.
Über andere Programme seien weitere Mittel geflossen. Dabei hätten die Prüfer aber feststellen müssen, dass weder die EU-Kommission noch die meisten EU-Länder einen umfassenden Überblick über die für die betreffenden Projekte verwendeten EU-Mittel haben.
Dabei seien die EU-Gelder in manchen Mitgliedstaaten angesichts geringer nationaler Budgets sogar die einzige Finanzierungsquelle für die Entwicklung digitaler Gesundheitslösungen. So hätten beispielsweise während eines Besuchs der Rechnungsprüfer in Malta die Behörden angegeben, dass einige relevante Projekte ohne EU-Finanzierung gar nicht durchgeführt worden wären.
Die Finanzierung habe dabei außerdem zusätzliche Vorteile wie Verfahrensgarantien und die Anwendung internationaler Standards geboten. In Malta wurden durch die EU Geräte für die Onkologie, digitale Diagnosen und die Datenerfassung, elektronische Patientenakten sowie medizinische Geräte zur Übertragung von Daten an die E-Health-Systeme finanziert.
In Spanien hätten Programme wie EU4Health, ARF oder die Fazilität „Connecting Europe“ den Ausbau der Telemedizin, die Fernüberwachung chronischer Krankheiten und elektronische Verschreibungen unterstützt.
In Polen seien die Schaffung einer nationalen elektronischen Gesundheitsplattform, die Digitalisierung von Krankenhäusern und deren Anbindung an die nationale Plattform sowie Fernkonsultationsdienste maßgeblich durch EU-Gelder vorangebracht worden.
„In Bezug auf förderfähige Maßnahmen stellte der Hof fest, dass die vom Hof analysierten Programme es den Mitgliedstaaten im Allgemeinen ermöglichen, ein breites Maßnahmenspektrum abzudecken, das von Investitionen über Reformen bis hin zu Studien und zum Kapazitätsaufbau reicht“, schreiben die Rechnungsprüfer in ihrem Bericht.
Von 21 durch den Rechnungshof befragten EU-Mitgliedstaaten hätten 18 angegeben, ein oder mehrere EU-Mittel für die Digitalisierung ihrer Gesundheitssysteme verwendet zu haben. Auf die Frage nach der konkreten Verwendung der EU-Mittel gaben demnach 15 Mitgliedstaaten an, EU-Mittel zur Finanzierung ihrer elektronischen Patientenakten (ePA) verwendet zu haben, 13 hätten EU-Mittel zur Finanzierung ihres elektronischen Verschreibungssystems verwendet und fünf zur Finanzierung von Telemedizinlösungen.
Allerdings gebe es auch bei der Überwachung der Verwendung dieser Mittel Defizite. Die EU-Kommission habe die Fortschritte bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens im Rahmen des sogenannten „Politikprogramms 2030 für die digitale Dekade“ verfolgt und dazu seit 2022 die sogenannte eGovernment-Benchmark sowie seit 2023 den E-Health-Indikator der digitalen Dekade verwendet.
Bei der Prüfung habe der Rechnungshof in diesem Zusammenhang nun mehrere Mängel festgestellt, etwa in Bezug auf Bewertungsmethoden und Genauigkeit der Informationen. Die Prüfer empfehlen der EU-Kommission deshalb, sowohl die Genauigkeit der Informationen, die sie den Betroffenen zur Verfügung stellt, als auch ihre Berichterstattung über die Verwendung von EU-Mitteln für die Digitalisierung des Gesundheitswesens im Rahmen der verschiedenen Finanzierungsprogramme bis 2026 zu verbessern.
Zudem erschwere die komplexe Struktur der Förderung sowie die hohen Anforderungen an Anträge die Inanspruchnahme der Fördergelder.
„Die EU-Mittel für die Digitalisierung des Gesundheitswesens wurden über mehrere Programme bereitgestellt, die von verschiedenen Dienststellen der Europäischen Kommission verwaltet wurden und für die jeweils eigene Vorschriften und Verwaltungsregelungen galten“, sagte Joëlle Elvinger, das für die Prüfung zuständige Mitglied des Rechnungshofs. „Dies erschwerte es einigen Mitgliedstaaten, verfügbare Mittel ausfindig zu machen, und es behinderte sie bei der Antragstellung.“
Auch unzureichende Verwaltungskapazitäten oder Schwierigkeiten, eine nationale Kofinanzierung sicherzustellen, hätten weitere Unsicherheiten geschaffen. Insgesamt müsse jedoch konstatiert werden, dass die Kommission im Rahmen ihres Mandats die Digitalisierung der Gesundheitssysteme der Mitgliedstaaten wirksam unterstützt hat.
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