Europol warnt vor Betrug mit Coronaimpfstoffen

Berlin – Zum Beginn der Coronaimpfungen in Deutschland und anderen EU-Staaten hat die europäische Polizeibehörde Europol vor Betrügern gewarnt. Es bestehe die reale Gefahr, dass Kriminelle versuchten, die immense Nachfrage auszunutzen, sagte Direktorin Catherine De Bolle den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Darauf gebe es schon konkrete Hinweise, wie etwa Verkaufsangebote in sozialen Netzwerken. Wer darauf anspringe, dem werde entweder nach Bezahlung gar nicht geliefert oder er bekomme gefälschten Impfstoff.
„Wenn man Opfer eines solchen Betrugs wird, kann das natürlich ernste gesundheitliche Folgen haben“, warnte sie. Europol habe den Mitgliedstaaten bereits eine Warnmeldung übermittelt und sie aufgerufen, sehr wachsam zu sein. Auch müssten die Behörden auf Diebstahlsversuche vorbereitet sein.
„Im ersten Lockdown hatten es Banden zum Beispiel auf Schutzmaskentransporte abgesehen. Das ist jetzt auch beim Impfstoff eine Gefahr“, sagte sie. Europol identifiziere mögliche Hotspots, an denen eine besonders hohe Gefahr für entsprechende Straftaten bestehen könnte. „Außerdem gibt es auch eine spezielle Polizei-Kooperation in der EU, um die Transporte zu beschützen.“
Aus Sicht des Bundeskriminalamtes (BKA) haben sich Kriminelle schnell an die neuen Verhältnisse angepasst. Vor allem in den ersten Pandemiemonaten blühte der Internetbetrug mit Schutzausrüstung und gefälschten Coronahilfenwebseiten.
Bei Wohnungseinbrüchen und Taschendiebstählen habe die Polizei insbesondere zur Zeit des ersten Lockdowns „klare Rückgänge gesehen“, sagte BKA-Vizepräsidentin Martina Link, in einer Bilanz. Da die Menschen aufgrund der Kontaktbeschränkungen viel Zeit zu Hause verbrachten, gab es weniger Gelegenheiten für unbeobachtete Einbrüche und Taschendiebstähle.
Wer nicht so dreist ist wie die Einbrecher, die kürzlich in Berlin über ein aufgekipptes Fenster ins Obergeschoss einstiegen, während die Hausbewohner unten Gäste bewirteten, suchte sich neue illegale Einnahmequellen.
Das BKA stellte etwa fest, dass organisierte Gruppen versuchten, überteuerte Schutzausstattung zu verkaufen. „Tatsächlich haben Betrüger schnell auf die Coronalage reagiert“, sagt die Vizepräsidentin. Die Polizei stieß beispielsweise auf „Fake-Shops“ im Internet, wo medizinische Geräte, vermeintliche „Coronavirusheimtests“ oder Atemschutzmasken angeboten wurden. Die Käufer bezahlten, die bestellte Ware kam nie an.
Versender von Phishingmails gaben sich als Mitarbeiter der Arbeitsagentur aus. Interne Daten von Firmen oder Privatpersonen wurden über gefälschte Websites zur Beantragung der Coronasoforthilfen abgegriffen. Alleine bei der nordrhein-westfälischen Polizei gingen hierzu mehr als 1.000 Strafanzeigen ein.
Bei einem Meldedienst von Bund und Ländern zu Fällen von Cybercrime im weiteren Sinne, der im Zusammenhang mit der Pandemie steht, wurden laut BKA allein bis Ende Juli 471 Fälle registriert.
Dass sich die Anbahnung und Abwicklung von Drogengeschäften zunehmend ins Internet verlagert, beobachtet die Polizei schon seit einigen Jahren. Die Pandemie hat diese Entwicklung nach Einschätzung des BKA noch einmal verstärkt. „Gerade zu Zeiten, in denen das öffentliche Leben eingeschränkt ist und sich die Menschen eher im häuslichen Umfeld bewegen, werden Drogen weniger auf der Straße gekauft, sondern eher im Darknet bestellt“, stellt Link fest.
Dass bei den Online-Verkäufen im Kleinhandel zuletzt ein leichter Rückgang der Preise feststellbar gewesen sei, muss ihrer Ansicht nach nicht ausschließlich mit dem Coronavirus zu tun haben. Zwar könnte durch die vorübergehende Schließung von Clubs und Bars und verstärkte Kontrollen der Polizei an öffentlichen Plätzen auch die Nachfrage nach einigen typischen Partydrogen gesunken sein.
Die BKA-Vizepräsidentin betont aber, die Preisentwicklung hänge immer von verschiedenen Faktoren ab. Einer davon sei, „dass aktuell weltweit riesige Mengen von Betäubungsmitteln aller Art hergestellt und gehandelt werden, die auch auf den deutschen Markt gelangen“. Selbst das Sicherstellen großer Mengen habe zuletzt weder eine Verknappung der Ware bewirkt, noch Auswirkungen auf den Preis gehabt.
Eine Zunahme häuslicher Gewalt als Folge der Lockdownregeln im Frühjahr hat die Polizei bisher nicht festgestellt. Allerdings geht das BKA hier von einem großen Dunkelfeld aus. Denn viele Gewaltdelikte, die sonst von Menschen außerhalb der Familie angezeigt werden, sind durch die Einschränkungen im gesellschaftlichen Leben womöglich einfach nicht aufgefallen.
Das Bundesjustizministerium hat kürzlich beschlossen, die Entwicklung einer Inkognito-App zu fördern, mit der Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, in akuten Gefahrensituationen unauffällig einen lautlosen Notruf absetzen können.
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