Gesundheitsreform: Trump feiert Teilsieg bei „Obamacare“

Washington – Nach wochenlangem Ringen haben US-Präsident Donald Trump und die Republikaner einen Etappensieg bei der Abschaffung von „Obamacare“ errungen. Das US-Repräsentantenhaus stimmte für einen Gesetzentwurf, der die Krankenversicherung der USA in Teilen abschaffen soll. Trump sprach schon von einem „unglaublichen Sieg“, obwohl der Senat dem Entwurf noch zustimmen muss.
Im Repräsentantenhaus stimmten die Republikaner mit einer hauchdünnen Mehrheit von 217 zu 213 Abgeordneten für das Gesetz. Kritiker sagen, es bringe Kranken in den USA gravierende Nachteile und habe mit einer Versicherung nichts mehr zu tun. Mit dem ersten Vorstoß einer Gesundheitsreform hatte Trump Ende März eine deutliche Niederlage erlitten. Der Gesetzentwurf scheiterte in den eigenen Reihen bereits an der ersten parlamentarischen Hürde und wurde zurückgezogen.
Trotz des Abstimmungserfolges wird das Gesetz in der vorliegenden Form kaum Wirklichkeit werden. Der Senat, die zweite Kammer im US-Kongress, hat sich bereits sehr kritisch geäußert. Die Mehrheitsverhältnisse sind dort knapper. Der Senat debattiert das Gesetz nicht vor Juni. Das positive Votum von gestern ist dennoch ein Erfolg für Trump: Es ist das erste bedeutende Gesetzeswerk, auf das seine Partei sich einigen konnte. Der Abstimmung waren sehr intensive Verhandlungen verschiedener Parteigruppierungen mit dem Weißen Haus vorausgegangen.
Debatte um Menschen mit Vorerkrankungen
Die Abschaffung von „Obamacare“ ist eines der zentralen Wahlkampfversprechen Trumps. Seit sieben Jahren laufen die Republikaner Sturm gegen diese Versicherung, die nach Trumps Vorgänger Barack Obama benannt ist. Die Republikaner hatten im Wahlkampf unermüdlich gegen Obamas Gesundheitsreform Front gemacht. Sie wollen die allgemeine Versicherungspflicht wieder abschaffen und staatliche Zuschüsse und Programme kürzen. Die Demokraten argumentieren dagegen damit, dass durch Obamacare 20 Millionen zuvor unversicherte US-Bürger eine Gesundheitsversicherung erhalten haben. Das Gesundheitssystem habe zudem tausende Menschenleben gerettet, weil es Versicherungen gemäß Obamacare nicht länger erlaubt war, Versicherte mit Vorerkrankungen abzulehnen.
Diesen Punkt wollen die Republikaner beibehalten. Der republikanische Mehrheitsführer Kevin McCarthy sagte, Menschen mit Vorerkrankungen würden weiter versichert. Das wird aber bezweifelt, weil auch lange nicht mehr so viele Vorerkrankungen anerkannt würden. Die neue Version sieht zudem vor, dass Versicherer unter bestimmten Umständen höhere Sätze für schwerkranke Kunden berechnen dürfen. Im Gegenzug werde für Menschen mit Vorerkrankungen finanzielle Hilfe in Höhe von acht Milliarden Dollar zur Verfügung gestellt. Es wird aber kritisiert, dass diese Summe bei weitem zu gering sei.
Gegen den neuen Entwurf gibt es Protest von Ärzteverbänden, Sozialverbänden, Patientenschützern und den Demokraten. Die American Medical Association (AMA) hatte vor der Abstimmung im Abgeordnetenhaus gewarnt, Millionen von Amerikanern drohten mit dem Gesetz ihre Versicherung zu verlieren. Alle verweisen darauf, dass Kranken schwere Einbußen drohen würden. Die führenden Demokraten Charles Schumer und Nancy Pelosi sagten, das Gesetz sei wie Hustensaft für einen Krebspatienten im vierten Stadium. Pelosi sagte, es sei ein tödlicher Witz.
Demonstration der Handlungsfähigkeit
Der Präsident und etliche republikanische Abgeordnete versammelten sich nach dem Votum kurzfristig für einen Auftritt im Rosengarten des Weißen Hauses – für die Feier eines Gesetzesvorhabens der Legislative ein bemerkenswerter Ort. Trump sagte zu dem Ergebnis: „Dies hat die Republikaner wirklich zusammengebracht.“ Die Abgeordneten hätten nicht in ihrem eigenen Interesse, sondern ganz im Interesse des Landes gestimmt. Er sei sicher, dass im nächsten Schritt auch der Senat zustimmen werde. Obamacare sei „im Prinzip tot“, so Trump.
Die Konservativen wollten das Gesetz in der jetzigen Phase vor allem durchwinken, um Handlungsfähigkeit zu demonstrieren. Alle in Interviews befragten Abgeordneten sagten, sie hätten den Text wegen des Zeitdrucks gar nicht lesen können. Auch die genauen finanziellen Folgen seien vielen nicht bekannt. Die Abstimmung wurde von den Republikanern angesetzt, ohne das unabhängige Congressional Budget Office (CBO) zu Kosten und Auswirkungen des Gesetzentwurfs zu befragen. Das CBO hatte zu den ursprünglichen Plänen der Republikaner die Schätzung angestellt, dass bis 2026 rund 24 Millionen mehr Amerikaner keine Versicherung haben würden.
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