Ausland

Hoffnung auf Überlebende schwindet nach Erdbeben in Afghanistan

  • Montag, 9. Oktober 2023
/picture alliance, AP, Omid Haqjoo
/picture alliance, AP, Omid Haqjoo

Kabul – Nach der verheerenden Erdbebenserie in Afghanistan schwindet die Hoffnung auf Rettung von Über­lebenden. Helfer und Ärzte, die in die Katastrophengebiete im Westen des Landes geeilt waren, berichteten von einem großen Ausmaß der Zerstörung. In zahlreichen Dörfern nordwestlich der Provinzhauptstadt Herat seien Häuser durch das Beben dem Erdboden gleichgemacht worden, sagten Augenzeugen gestern.

Das Ministerium für Katastrophenhilfe bezifferte die Zahl der Toten gestern auf mehr als 2.400, weitere 2.000 Menschen seien verletzt worden. Die Zahlen konnten zunächst nicht unabhängig verifiziert werden. Es wäre eines der schwersten Erdbeben seit Jahrzehnten in Afghanistan.

Das UN-Nothilfebüro OCHA nannte gestern Abend mehr als 1.000 Tote, man gehe aber davon aus, dass die Zahl der Opfer steige, wenn abgelegene Regionen erreicht werden. Mehr als 11.000 Menschen seien von dem Erdbeben betroffen. Die Vereinten Nationen gaben gestern fünf Millionen Dollar (4,7 Millionen Euro) Sofort­hilfe frei und kündigten nach der Abschätzung des Bedarfs einen baldigen Spendenaufruf an.

Vorgestern Morgen hatten mehrere Erdbeben Bewohner der afghanischen Grenzprovinz nahe dem Iran auf­geschreckt. Innerhalb von nur wenigen Stunden bebte die Erde neun Mal, mehr als ein Dutzend Dörfer wurden weitgehend zerstört.

Am stärksten betroffen war der Bezirk Sindadschan, nordwestlich von Herat. Militär und Rettungsdienste eilten in die Katastrophen­gebiete. Die beiden schwersten Beben hatten laut der US-Erdbebenwarte USGS eine Stärke von 6,3.

Die Europäische Union (EU) versicherte der betroffenen Bevölkerung Afghanistans ihre volle Solidarität, wie EU-Chefdiplomat Josep Borrell beim Kurznachrichtendienst X (früher Twitter) schrieb. „EU-Teams haben das Katastrophengebiet bereits erreicht, um zu helfen“, teilte er mit, ohne Details zu nennen.

Deutschland hat fünf Millionen Euro Unterstützung zugesagt. Die Hilfsgelder würden über den humanitären Fonds für Afghanistan bereitgestellt, teilte das Auswärtige Amt auf X, ehemals Twitter, mit. Damit sollen Aktivitäten von Hilfsorganisation wie der Caritas, Save the Children, World Vision, aber auch die humanitäre Arbeit der UN-Behörden in dem Land unterstützt werden.

Selbst 300 Kilometer entfernt im Nachbarland Iran wackelten vorgestern Wände und Deckenleuchten, wie Bewohner der Millionenmetropole Maschhad erzählten. Auch dort setzten die Behörden Rettungsdienste in Alarmbereitschaft und schickten Teams an die Grenze, um mögliche Schäden zu untersuchen.

Die Beben wecken Erinnerungen an die verheerende Katastrophe im Sommer vergangenen Jahres, als im Osten des Landes bei einem Erdbeben der Stärke 5,9 mehr als 1.000 Menschen in den Tod gerissen wurden. Nach Jahrzehnten voller Konflikte sind viele Dörfer mit einfacher Bauweise schlecht gegen Erdbeben gerüstet.

Seit mehr als zwei Jahren sind in Afghanistan die Taliban wieder an der Macht. Das Land ist wegen seiner repressiven Politik, die vor allem Frauen und Mädchen diskriminiert, international politisch isoliert. Auch das ist ein Grund, warum Rettungsarbeiten schwer vorankommen. Immer wieder ereignen sich schwere Erdbeben in der Region, besonders am Hindukusch, wo die Indische und die Eurasische Platte aufeinandertreffen.

dpa

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