Jeder zweite Diabetiker weltweit ohne Zugang zu Insulin

Berlin – Hundert Jahre nach Einführung des Insulins in die Diabetestherapie haben rund die Hälfte der Zuckerkranken in der Welt keinen Zugang dazu. Das kritisiert das Hilfswerk Ärzte ohne Grenzen und fordert deshalb mehr Anstrengungen, um günstige generische Insuline zuzulassen.
„Millionen Diabetespatienten weltweit haben schon jetzt keinen Zugang zu Insulin, und der Bedarf wird in die Höhe schießen, vor allem wegen der Ausbreitung von Diabetes des Typs 2 in Ländern mit geringem und mittlerem Einkommen“, warnte Helen Bygrave, Expertin für chronische Krankheiten von Ärzte ohne Grenzen.
Die Zahl der Menschen mit Diabetes hat sich in den vergangenen 30 Jahren laut dem Hilfswerk verdoppelt – heute lebten weltweit 463 Millionen mit der Diagnose. Auch in ärmeren Ländern steige die Zahl der Betroffenen stetig an.
„Die Weltgesundheitsorganisation muss dringend daran arbeiten, mehr Quellen für qualitätsgeprüftes Insulin zu erschließen, um die steigende globale Nachfrage zu decken und sicherzustellen, dass dieses lebenswichtige Arzneimittel all jenen zur Verfügung steht, die es benötigen“, sagte Bygrave.
Eine Jahresdosis Insulin für einen Patienten kostet laut Ärzte ohne Grenzen in der Herstellung rund 120 Euro. Das Hilfswerk müsse aber an die Hersteller zwischen 250 und 1.030 Euro zahlen, um einen Patienten in ärmeren Ländern oder Krisenregionen ein Jahr zu versorgen.
„Es ist entmutigend, wenn wir in der Praxis sehen, dass die Menschen so viele Schwierigkeiten haben, Insulin zu bekommen“, sagte Brian Nyagadza, Arzt in Simbabwe. „Sie haben keine andere Wahl, als ihr Insulin zu rationieren und weniger zu nehmen, als sie eigentlich brauchen. Dadurch sind sie einem hohen Risiko für lebensgefährliche Komplikationen ausgesetzt.“
Der Kanadier Frederick Grant Banting hatte das Insulin 1921 nach Versuchen an und mit Hunden als Mittel gegen die Zuckerkrankheit identifiziert. Im Januar 1922 wurde erstmals ein schwer kranker Diabetiker damit behandelt.
Banting überließ das Patent auf Insulin laut Ärzte ohne Grenzen der Universität Toronto für einen symbolischen Betrag. Seine Überzeugung: „Insulin gehört nicht mir, es gehört der Welt.“
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