Ausland

Neuer Anlauf für Reform des US-Gesundheits­systems

  • Freitag, 14. Juli 2017
Mitch-McConnell-dpa
Mitch McConnell /dpa

Washington – Im Ringen um die Reform des US-Gesundheitswesens hat die republi­kanische Führung im Senat die nächste Runde eingeläutet. Durch einen am Donnerstag präsentierten neuen Gesetzentwurf hofft Mehrheitsführer Mitch McConnell, die not­wen­dige Zustimmung von moderaten wie ultrakonservativen Senatoren der eigenen Partei einzuholen, um den Gesetzestext noch vor der Sommerpause zu verabschieden. Allerdings zeichnete sich zunächst nicht ab, dass dies gelingen könnte.

Mehrere republikanische Senatoren ließen offen, ob sie den neuen Entwurf unter­stützen werden. Die Republikaner verfügen in der Kongresskammer nur über eine knappe Mehrheit von 52 der 100 Sitze. Gegen den ursprünglichen Gesetzentwurf McConnells hatten Ende Juni neun republikanische Senatoren protestiert, sodass McConnell die Abstimmung verschob.

In den vergangenen Tagen verstärkte nun US-Präsident Donald Trump den Druck auf seine Partei, die Reform noch vor der parlamentarischen Sommerpause zu verab­schieden. Er könne sich nicht vorstellen, dass es der Kongress „wagen“ werde, Washington ohne ein „schönes“ neues Gesetz zu verlassen.

Um mehr Zeit für die internen Verhandlungen zu gewinnen, ließ McConnell die Sommer­pause um zwei Wochen bis Mitte August verschieben. Die Abschaffung des als „Obamacare“ bezeichneten Gesundheitssystems des früheren Präsidenten Barack Obama und sein Ersatz durch ein stärker marktwirtschaftlich orientiertes Modell ist eines der zentralen Wahlkampfversprechen Trumps wie der Republikaner. Das Reform­vorhaben legt jedoch die enormen Differenzen zwischen den Parteiflügeln bloß. Erz­konservative wollen ein radikal marktwirtschaftliches System. Moderate fürchten hin­gegen um die Auswirkungen für Millionen von US-Bürgern, denen der Verlust ihres Versicherungsschutzes droht.

Auch der überarbeitete Gesetzentwurf McConnells enthält drastische Einschnitte. Medicaid, die staatlichen Krankenversicherung für einkommensschwache Haushalte, soll um mehr als 700 Milliarden Dollar (613 Milliarden Euro) zusammengestutzt werden. Als Konzession an die Moderaten wurden jedoch ursprünglich geplante Steuererleichterungen für Wohlhabende gestrichen. Auch sollen 45 Milliarden Dollar für die Bekämpfung der Abhängigkeit von Opiaten zur Verfügung gestellt werden, einem weit verbreiteten Problem in den USA.

Auf der anderen Seite sollen Erzkonservative dadurch zufriedengestellt werden, dass die einzelnen Bundesstaaten die Option erhalten, Krankenversicherungen preiswerte Policen mit nur geringem Schutz anbieten zu lassen.

Die moderate republikanische Senatorin Susan Collins zeigte sich „weiterhin tief besorgt“ über die Radikalkürzungen bei Medicare. Der ultrakonservative Senator Rand Paul monierte hingegen, das vorgeschlagene System unterscheide sich nicht genug von Obamacare.

Das Repräsentantenhaus, wo die Republikaner über eine deutliche Mehrheit verfügen, hatte mit einiger Mühe einen eigenen Entwurf im Mai verabschiedet. Sollte der Senat ebenfalls einen Entwurf beschließen, müssten beide Texte noch in Einklang gebracht werden.

Durch den ursprünglich von McConnell vorgelegten Plan würden nach einer Schätzung des überparteilichen Rechnungshofs des Kongresses 22 Millionen Menschen bis zum Jahr 2026 ihren Versicherungsschutz verlieren. Die Zahl der US-Bürger ohne Kranken­versicherung würde demnach auf 49 Millionen steigen. Für den überarbeiteten Plan McConnells liegt noch keine Schätzung vor.

Die Reform des Gesundheitswesens ist eine der größten Hinterlassenschaften Obamas. Durch sein von Anfang an wütend von den Republikanern bekämpftes System sank der Anteil der Bürger ohne Krankenversicherung in den vergangenen Jahren von 16 auf unter neun Prozent. Obamacare weitete zum einen die Abdeckung durch Medicaid aus. Zum anderen wurde jenen Bürgern, die nicht über ihren Arbeitgeber versichert sind und auch keinen Anspruch auf eine staatliche Krankenversicherung haben, der Ab­schluss einer privaten Krankenversicherung erleichtert. Allerdings gilt Obamacare wegen des teilweise starken Anstiegs von Versicherungsbeiträgen auch unter den Demokraten als überholungsbedürftig.

afp

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