Ausland

Orbán-Vertrauter Várhelyi soll neuer EU-Gesundheits­kommissar werden

  • Dienstag, 17. September 2024
Olivér Várhelyi /picture alliance, Anadolu, Dursun Aydemir
Olivér Várhelyi /picture alliance, Anadolu, Dursun Aydemir

Berlin – Der ungarische Diplomat Olivér Várhelyi soll nächster Kommissar für Gesundheit und Tierwohl der Europäischen Kommission werden. Das erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen heute in Straßburg.

Várhelyi ist bereits Mitglied der EU-Kommission, seit 2019 war er für das Ressort Erweiterung und Europäische Nachbarschaftspolitik verantwortlich. Als Gesundheitskommissar soll er auf die zyprische Politikerin Stella Kyriakides folgen.

Der 52-jährige Jurist und Diplomat gilt als europapolitisch erfahren, er hatte bereits 2004 den Beitritt seines Heimatlandes zur EU mitverhandelt, seit 2015 war er der Leiter von dessen EU-Vertretung. Einem Bericht der Nachrichtenseite Politico zufolge steht er dem ungarischen Premierminister Viktor Orbán nahe.

Anders als Kyriakides hat Várhelyi keine explizite Erfahrung in der Gesundheitspolitik. In der Vergangenheit war er neben den Themen Erweiterung und Nachbarschaftspolitik vor allem in den Bereichen Justiz und Industrie tätig.

„Er wird für den Aufbau einer Europäischen Gesundheitsunion verantwortlich sein und die Arbeit in der Krebs­bekämpfung und Prävention fortführen“, erklärte von der Leyen bei der Vorstellung ihrer Kandidatinnen und Kandidaten für die EU-Kommission.

Der Verein Ärzte gegen Tierversuche sieht in dem Neuzuschnitt des Ressorts einen „Meilenstein in der EU-Politik“. Indem sie dem Gesundheitskommissariat den Fachbereich Tierschutz zuschlägt, habe von der Leyen jahreange Forderungen zahlreicher Tierschutzverbände erfüllt.

„Die Einrichtung einer eigenen Kommission für Tierschutz wird dazu beitragen, dass dem Tierschutz eine Priorität eingeräumt wird, die er verdient und die längst überfällig ist“, erklärte die Vizevorsitzende des Vereins, Corina Gericke. Allerdings sei noch unklar, inwiefern auch auch der Bereich Tierversuche in das Ressort falle.

Kritik an der Ernennung erhielt von der Leyen wiederum aus der eigenen Partei. „Várhelyi hat nicht nur den Makel, dass er von Viktor Orbán vorgeschlagen wurde, er hat sich als strittiger Kommissar für Erweiterung auch sehr viele Fehler geleistet“, erklärte CDU-Politiker und EU-Parlamentsmitglied Peter Liese.

Várhelyi war während der vergangenen Legislaturperiode unter anderem in die Kritik geraten, weil er wegen eines Streites um die Inhalte von Schulbüchern in den Palästinensischen Autonomiegebieten 200 Millionen Euro an Hilfsgeldern zurückgehalten hatte.

Einem Bericht der Tagesschau zufolge waren davon 13 Millionen Euro für Krankenhäuser in Ost-Jerusalem vorgesehen gewesen, die deshalb wichtige medizinische Behandlungen nicht hätten durchgeführt werden können.

Liese erwartet nach eigenen Angaben, dass die Nominierung Váhelyis noch scheitern wird. „Ich kann mir kaum vorstellen, dass er die Anhörung im Ausschuss für Umwelt und Gesundheit überstehen wird“, erklärte er.

Bevor die heute vorgestellten Kandidaten tatsächlich zu EU-Kommissaren ernannt werden, müssen sie sich in den jeweiligen Fachausschüssen Anhörungen zu ihren Qualifikationen und Eignungen unterziehen. Daraufhin stimmt das Parlament über die Kommission als Ganzes ab. Erst mit dessen Zustimmung ernennt dann der Europäische Rat die Kommission formal.

Dass diese Anhörungen durchaus zuungunsten der Kandidaten ausgehen können, zeigt ein Blick auf Várhelyis eigene Nominierung zum Kommissar für Erweiterung und Europäische Nachbarschaftspolitik: Er war 2019 nach­gerückt, nachdem der Rechtsausschuss den ungarischen Kandidaten László Trócsányi abgelehnt hatte.

lau

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