Streit um Abtreibungsrecht in Polen

Warschau – Im Streit um eine deutliche Verschärfung des Abtreibungsverbots in Polen hat die polnische Frauenbewegung für heute zu einem landesweiten Streik aufgerufen.
„Wir nehmen unbezahlten Urlaub. Wir schließen die Firma. Oder ganz einfach – wir gehen nicht zur Arbeit“, heißt es in einem Aufruf der Organisation „Allpolnischer Frauenstreik“. Leiterin Marta Lempart sprach von einem Generalstreik. Angesichts der Coronapandemie ist jedoch fraglich, wie hoch die Beteiligung sein wird.
Nach einer Entscheidung des Verfassungsgerichts, wonach auch Schwangerschaftsabbrüche aufgrund schwerer Fehlbildungen des ungeborenen Kindes verfassungswidrig seien, gibt es in Polen seit Tagen Proteste. Die Entscheidung der Obersten Richter bedeutet eine weitere Verschärfung des polnischen Abtreibungsrechts, das ohnehin schon zu den strengsten in Europa gehört.
Derzeit ist ein Abbruch in Polen legal, wenn die Schwangerschaft das Leben oder die Gesundheit der Mutter gefährdet, Ergebnis einer Vergewaltigung ist oder wenn das Ungeborene schwere Fehlbildungen aufweist.
Dies ist bislang der häufigste Grund für einen Schwangerschaftsabbruch, wie die Statistik des Gesundheitsministeriums zeigt. So wurden von den 1.110 Abbrüchen, die 2019 in polnischen Kliniken durchgeführt wurden, 1.074 mit Fehlbildungen des ungeborenen Kindes begründet.
Vor vier Jahren war es der polnischen Frauenbewegung gelungen, einen Gesetzesentwurf zu stoppen, der ein Totalverbot von Schwangerschaftsabbrüchen sowie Haftstrafen für Frauen und Ärzte vorsah. Am 3. Oktober 2016 blieben rund 200.000 Frauen bei einem „Generalstreik“ der Arbeit fern. Kurz darauf ruderte die nationalkonservative Regierungspartei PiS zurück.
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