Ausland

Türkische Ärzte wegen Kritik an Militäreinsatz zu Haftstrafen verurteilt

  • Montag, 6. Mai 2019
/dpa
/dpa

Istanbul – Wegen Kritik an der türkischen Militäroffensive in der nordsyrischen Kurden­region Afrin sind in der Türkei elf Ärzte zu Haftstrafen verurteilt worden. Ein Gericht in Ankara verurteilte die Mitglieder der Türkischen Medizinischen Vereinigung (TTB) am ver­gangenen Freitag wegen „Anstachelung zum Hass und zur Feindschaft“ zu jeweils 20 Mo­naten Haft, wie der Verbandsvertreter Sehmus Gökalp sagte, der selbst zu den Verurteil­ten zählt. Eine der Verurteilten erhielt demnach zusätzlich 18 Monate Haft wegen „Terror­propaganda“.

Die Verurteilten bleiben bis zum Ende des Berufungsprozesses auf freiem Fuß. Das frühe­re TTB-Vorstandsmitglied Gökalp kritisierte das Urteil als Bestrafung der Wissenschaft. „Krieg als öffentliches Gesundheitsproblem zu bezeichnen, ist eine wissenschaftliche Aussage, die nun rechtlich bestraft wurde“, sagte Gökalp. „Das Urteil des Gerichts heute ist ein Urteil gegen das Recht, in der Türkei in Frieden und Gesundheit zu leben.“

Die Spitzenvertreter des türkischen Ärzteverbands waren im Februar 2018 festgenommen worden, nachdem sie mit ihrer Kritik am Militäreinsatz in Afrin den Zorn von Präsident Recep Tayyip Erdogan auf sich gezogen hatten. Unter ihnen war auch der TTB-Chef Rasit Tükel. Die Vereinigung hatte in einer Erklärung Krieg als „öffentliches Gesundheits­prob­lem“ bezeichnet. „Nein zum Krieg, Frieden jetzt“, hieß es im TTB-Schreiben.

Erdogan reagierte erbost und bezeichnete die Ärztevertreter als „Terroristen-Liebhaber“. Die TTB-Vertreter seien „keine Intellektuellen, sondern eine Bande nicht denkender Skla­ven“, das Wort „türkisch“ solle aus dem Namen des Verbands gestrichen werden. Erdogan hatte bereits zu Beginn der Offensive gewarnt, wer dagegen protestiere, werde einen „hohen Preis“ zahlen. International stieß das Vorgehen auf scharfe Kritik.

Die Türkei hatte im Januar 2018 mit verbündeten syrischen Rebellen eine Offensive be­gonnen, um die Kurdenmiliz YPG aus Afrin zu vertreiben. Die Türkei betrachtete ihre Prä­senz an der türkischen Grenze als Bedrohung, da sie eng mit der PKK-Guerilla verbunden ist, die seit 1984 gegen den türkischen Staat kämpft. Nach heftigen Gefechten war die YPG im März 2018 schließlich gezwungen, sich aus der Region zurückzuziehen.

afp

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung