Ausland

Vetos im UN-Sicherheitsrat blockieren Hilfe für Syrer

  • Mittwoch, 8. Juli 2020
/dpa
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New York – Eine Blockade im UN-Sicherheitsrat gefährdet die humanitäre Hilfe für Milli­o­nen Notleidende in Syrien. Russland und China verhinderten gestern eine deutsch-bel­gi­sche Resolution zur Fortsetzung humanitärer Hilfe für das Bürgerkriegsland mit einem Veto, wie der Deutsche UN-Botschafter Christoph Heusgen bei einer Sitzung des Rates verkündete.

Das mächtigste Gremium der Vereinten Nationen hat nun nur noch bis übermorgen Zeit, um sich vor Ende der Frist auf eine Verlängerung der Regelung zu einigen. Neben Russ­land, einem der wichtigsten Verbündeten Syriens, und China stimmten alle 13 weiteren Mitglieder des Rates dem Text zu.

Hintergrund ist eine seit 2014 bestehende Resolution, die es den UN erlaubt, wichtige Hilfsgüter über Grenzübergänge auch in Teile des Landes zu bringen, die nicht von Macht­haber Baschar al-Assad kontrolliert werden. Von den Gütern, die diese Punkte passieren, sind Millionen Menschen abhängig.

Widerstand aus Russland und China

Nach russischem Widerstand wurden die einst vier Übergänge Anfang des Jahres auf zwei reduziert, die in Assads Einflussgebiet liegen – seitdem hat sich die Versorgungssituation für einige Regionen Syriens deutlich verschlechtert.

Russland will nun nur noch einen Übergang, Bab al-Hawa in Nordwestsyrien, für die Lie­ferung von Hilfsgütern offenhalten. Der bisherige Mechanismus müsse wegen des wach­senden Einflusses der syrischen Regierung im Land „schrittweise auslaufen“ und von ei­nem neuen System von Hilfslieferungen ersetzt werden.

Ein entsprechender zur Ab­stim­mung gestellter Gegenentwurf gilt aber als chancenlos. Moskau hat bei dem Streit trotzdem eine deutlich stärkere Verhandlungsposition, da es auf das System der grenzüberschreitenden Hilfe verzichten kann, falls kein Kompromiss gefunden wird.

Nach Ansicht Deutschlands und anderer Länder im 15-köpfigen Sicherheitsrat werden bei­de momentan bestehenden Grenzübergänge von der Türkei nach Syrien weiterhin drin­gend benötigt, falls einer von ihnen kampfbedingt ausfällt. Auch die Vereinten Natio­nen hatten gestern noch einmal betont, die Hilfskorridore seien „lebenswichtig“ für viele Zivilisten in Syrien.

Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes in Berlin betonte, dass etwa 2,8 Millionen Men­schen von den Nahrungsmittelhilfen der Vereinten Nationen abhängig seien. „Die grenz­über­schreitende Versorgung ist für sie die einzige Möglichkeit, humanitäre Hilfe zu erhal­ten, da das syrische Regime Hilfslieferungen aus Damaskus weiterhin massiv erschwert“.

Deutschland und Belgien hatten bei den Verhandlungen im Vorfeld wegen russischen Wi­derstands bereits auf einen weiteren Übergang an der Grenze zum Irak verzichtet, der an­gesichts der Coronakrise besonders wichtig für den Nachschub mit medizinischen Gütern wäre.

Vor der Abstimmung im Sicherheitsrat hatten der deutsche Außenminister Heiko Maas (SPD) und sein russischer Kollege Sergej Lawrow zur humanitären Lage in dem Bürger­kriegsland telefoniert. Es dürfte ein Versuch Deutschlands – das derzeit den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat hat – gewesen sein, Moskau in letzter Sekunde vom Veto abzubringen. China folgt dem russischen Abstimmungsverhalten bezüglich Syrien im UN-Gremium häufig.

Seit Ausbruch des Syrien-Konflikts im März 2011 sind Schätzungen zufolge mindestens 500.000 Menschen ums Leben gekommen. Die Regierungsanhänger kontrollieren mittler­weile wieder rund zwei Drittel des Landes, darunter die großen Städte. Das Land leidet aber seit Monaten unter einer schweren Wirtschaftskrise. Die Coronapandemie und neue US-Sanktionen haben die Lage weiter verschärft.

dpa

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