Ausland

Vogelgrippe: Zunehmend Fälle bei Menschen in Kalifornien

  • Dienstag, 22. Oktober 2024
/picture alliance, Zoonar, AndrIi Kovnir
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Sacramento – Mehr als ein halbes Jahr nach Beginn des Vogelgrippeausbruchs bei Milchkühen in den Ver­einigten Staaten ist weiter kein Ende absehbar. Vielmehr hat H5N1 auch Betriebe im US-Bundesstaat Kali­fornien erreicht, den größten Milchproduzenten der USA.

Die Zahl der allein dort erkrankten Arbeiter ist seit dem Spätsommer auf 13 gestiegen, wie die US-Seuchen­schutzbehörde Centers for Disease Control and Prevention (CDC) Ende vergangener Woche mitteilte.

Insgesamt sind in den USA seit April 27 Fälle bei Menschen verzeichnet worden, fast ausschließlich hatten sie vorher Kontakt zu infizierten Milchkühen oder Geflügel. Es wird laut CDC davon ausgegangen, dass das Virus (Klade 2.3.4.4b, Genotyp B3.13) unabhängig voneinander vom Tier auf den Menschen übertragen wurde.

Eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung sei in den USA bisher nicht erkennbar. Die Krankheitsverläufe werden als mild (häufig Konjunktivitis) beschrieben.

Die Zahl der getesteten Personen im Zusammenhang mit betroffenen Tierhaltungen geben die CDC mit mehr als 260 an. Insgesamt seien in dem Zusammenhang mehr als 5.100 Menschen überwacht worden.

Schwieriges Thema im Jahr der Präsidentschaftswahl

Zu den Maßnahmen, die in den USA getroffen wurden, gehören Tests, wenn laktierende Kühe von einem Staat in einen anderen gebracht werden sollen. Positive Influenza-A-Nachweise müssen gemeldet werden und es gibt beispielsweise Empfehlungen, wie sich Arbeiter schützen sollen.

Für viele Fachleute gehen die Bemühungen der USA zum Eindämmen des Ausbruchs aber nicht weit genug. Neben wirtschaftlichen Interessen wurde die eher zögerliche Reaktion auch mit der nahenden US-Präsident­schaftswahl in Zusammenhang gebracht.

Medien hatten auch über mögliche weitere, nicht erfasste Erkrankungen beim Menschen und den Widerwillen einiger Farmer gegenüber Testungen berichtet. Hinzu kommt, dass in Betrieben auch illegale Arbeiter be­schäftigt sein sollen, die für die Behörden und das Gesundheitssystem schwer erreichbar sind.

Das Magazin Vanity Fair berichtet in einer gestern veröffentlichten Recherche, dass vor allem die Sorge ums Geschäft, aber auch die komplizierte Zusammenarbeit verschiedener Behörden mit unterschiedlichen Inter­essen zu der zaghaften Reaktion geführt hätten.

Mit Blick auf die Coronapandemie zitiert das Blatt einen namentlich nicht genannten Beamten aus dem Weißen Haus mit den Worten: „Wir haben nicht nur nichts gelernt, wir haben Rückschritte gemacht.“

Mehr als 300 Herden betroffen

Erst Ende März war bekannt geworden, dass sich Kühe überhaupt mit dem Erreger infizieren können. Inzwi­schen verzeichnet die US-Landwirtschaftsbehörde für den gesamten Ausbruch mit Stand 19. Oktober insge­samt 333 betroffene Milchviehherden in 14 Bundesstaaten.

Rund 100 davon sind in den vergangenen 30 Tagen bekannt geworden, allerdings nur noch aus zwei Staaten, hauptsächlich Kalifornien. Dort werden nach Daten der US-Landwirtschaftsbehörde rund 1,7 Millionen Milch­kühe gehalten (Deutschland: 3,7 Millionen).

Während die Tiere in von H5N1 betroffenen Geflügelhaltungen in der Regel gekeult werden, stehen Milch­vieh­betriebe in solchen Fällen unter Quarantäne. Bisher hieß es, dass sich Kühe in der Regel von der Erkran­kung erholen, aus Kalifornien gibt es nun aber auch Medienberichte über relativ hohe Todesraten bei den Tieren.

Zur Frage, wie das Virus nach Kalifornien gelangte, gibt es bisher keine staatlichen Angaben. Den CDC zufolge sind epidemiologische Arbeiten angelaufen.

Tausende zusätzliche Grippeimpfstoffdosen bereitgestellt

Die CDC hatten bereits kürzlich berichtet, dass mehr als 100.000 Impfstoffdosen gegen die saisonale Grippe in eine Reihe der bisher vom Vogelgrippeausbruch betroffenen Staaten gebracht worden seien. Diese Impfung soll Arbeitern der Tierhaltungen angeboten werden.

Ziel ist nicht nur, die saisonale Grippewelle und deren Folgen abzuschwächen. Es geht laut CDC auch darum, das Risiko von Co-Infektionen mit saisonaler und aviärer Influenza zu reduzieren.

Fachleute befürchten, dass es in einem solchen Fall zu einer Reassortierung (Vermischung) kommen könnte. Es gab daher schon vor Wochen Appelle von Experten, die USA müssten die Lage vor dem Beginn der Grippe­saison unter Kontrolle bringen.

Eine der Infektionen bleibt rätselhaft

Unter den bisherigen 27 Infektionen in den USA ist ein Fall, in dem die Infektionsquelle nach wie vor unbe­kannt ist. Dieser war durch das nationale Surveillancesystem für Influenza entdeckt worden. Das Deutsche Ärzteblatt berichtete.

Die CDC gaben dazu Ende September bekannt, dass der Patient im US-Bundesstaat Missouri auch mit etlichen Klinikmitarbeiterinnen und -mitarbeitern in Kontakt gekommen war, bevor strengere Schutzmaßnahmen ge­troffen wurden. Mehrere von ihnen entwickelten demnach ebenfalls Symptome, die allerdings mild gewesen seien. In einem Fall sei ein PCR-Test negativ auf Influenza ausgefallen.

Bei den anderen Betroffenen seien keine solcher Tests veranlasst worden, da sie zu der Zeit bereits unzuver­lässig gewesen wären, hieß es. Nach Angaben von Ende vergangener Woche dauert die Analyse von Blut­proben noch an, auch von Haushaltskontakten des Patienten.

Die Behörde betonte aber stets, dass es keine Anzeichen unüblicher Influenzaaktivität bei Menschen gebe.

Das Robert-Koch-Institut (RKI) teilt nach eigenen Angaben die Einschätzung der EU-Seuchenschutzbehörde ECDC zu H5N1, dass das Risiko für die Bevölkerung weiterhin gering sei.

Das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI), das Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, hielt in einer Risiko­ein­schätzung im Oktober fest, dass das Risiko eines Eintrags des US-amerikanischen H5N1-Stammes in deutsche Rinderbestände als sehr gering eingeschätzt werde.

Screenings von Milchviehbeständen in Deutschland auf der Basis von Tankmilchuntersuchungen hätten negative Ergebnisse ergeben, berichtete das Institut außerdem. Die Zahl der im FLI untersuchten Betriebe lag demnach deutlich über 1.000.

ggr

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