Weltweit fehlt Hilfe bei der Tabakentwöhnung

Genf – Der Nichtraucherschutz wächst zwar weltweit und Rauchen wird in den meisten Ländern immer teurer und schwerer gemacht – aber bei Hilfen zur Entwöhnung hapert es noch. Zu diesem Schluss kommt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in ihrem neuen Welt-Tabak-Bericht. Sie stellte ihn kürzlich in Rio de Janeiro vor, weil Brasilien nach der Türkei erst das zweite Land der Welt ist, dass alle von der WHO empfohlenen Maßnahmen zum Eindämmen des Tabakkonsums voll umgesetzt hat.
Bei Deutschland bemängelt die WHO, dass es immer noch zu wenig strikte Vorgaben für rauchfreie öffentliche Räume gebe. Bei der Unterstützung von Rauchern, die die Nikotinsucht loswerden wollen, sieht sie auch Nachholbedarf. Werbeverbote sollten verschärft und die Steuern erhöht werden.
Zahl der Raucher wegen der Bevölkerungsentwicklung konstant
„Mit dem Rauchen aufzuhören ist eines der besten Dinge, die man für seine eigene Gesundheit tun kann“, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus. Zwar sinkt der Anteil der Raucher an der Gesamtbevölkerung. Durch das Bevölkerungswachstum bleibt ihre Zahl aber bei rund 1,1 Milliarden konstant. 80 Prozent von ihnen leben in Ländern mit niedrigem bis mittleren Einkommen.
Jedes Jahr sterben nach Angaben der WHO acht Millionen Menschen durch Tabakkonsum. Der Wirtschaft gingen durch Gesundheitskosten und Arbeitsausfälle 1,4 Billionen Dollar (1,3 Billionen Euro) im Jahr verloren. Aus den Statistiken der Europaregion geht hervor, dass in Georgien fast 57 Prozent der Männer rauchen (2016), in Deutschland 29 Prozent (2013) und in Island 15,3 Prozent (2015). Die WHO warnt vor Zigarettenersatz wie E-Zigaretten und Produkten, bei denen Tabak erhitzt statt verbrannt wird. Alle seien gesundheitsschädlich.
Mehr als sechs von zehn Erdenbewohnern leben heute in Ländern, die wenigsten eine Maßnahme gegen den Tabakkonsum ergriffen haben, schreibt die WHO. Das sind viermal so viele wie 2007. Knapp die Hälfte der Menschen lebt in Ländern, die Ekelbilder etwa von Geschwüren, die durch Tabak verursacht wurden, auf Packungen haben.
Nur 2,4 Milliarden Menschen leben aber in Ländern, die Menschen unterstützen, die mit dem Tabakkonsum aufhören wollen, wie die WHO schreibt. Die Organisation empfiehlt zum Beispiel Hotlines für telefonische Sofortberatung oder entsprechende Online- oder Handy-Dienste. Hausärzte sollen Raucher ansprechen und auf Hilfen beim Aufhören hinweisen. Nikotinersatztherapien sollen finanziell gefördert werden.
In ihrem Bericht ruft die WHO auch zur einer Regulierung von E-Zigaretten auf. Elektronische Nikotinabgabesysteme (ENDS) seien „unzweifelhaft schädlich und sollten daher Vorschriften unterliegen“, erklärte die Organisation.
WHO ruft zur Regulierung von E-Zigaretten auf
Der Rauch von E-Zigaretten enthält zwar in der Regel deutlich weniger Schadstoffe als der normaler Zigaretten. Die batteriebetriebenen Geräte, bei denen mit Nikotin versehene Flüssigkeiten verdampft werden, bergen laut WHO dennoch Gesundheitsrisiken für die Konsumenten. E-Zigaretten enthalten demnach neben Nikotin auch metallhaltige Schwebestoffe. Diese seien „bekannt“ dafür, Herz und Lungen zu schädigen, sagte WHO-Tabakexperte Vinayak Prasad.
Wie Prasad sagte, werden derzeit die langfristigen Folgen von E-Zigaretten untersucht. So werde etwa geprüft, ob sie auch Krebs verursachten. „Aber das ist noch nicht sehr gut erforscht“, sagte der WHO-Experte.
Agressive Werbung für E-Zigaretten
Die großen Tabakkonzerne haben E-Zigaretten in den vergangenen Jahren auf der Suche nach neuen Kunden aggressiv beworben. Demnach sind solche Produkte deutlich weniger gefährlich als traditionelle Zigaretten und können Rauchern dabei helfen, komplett auf „sicherere“ Alternativen umzusteigen.
Der WHO-Bericht vermerkt dazu jedoch, dass „die Mehrheit der Nutzer von E-Zigaretten gleichzeitig E-Zigaretten und Zigaretten benutzen“. Daraus ergebe sich „wenig bis gar keine Auswirkung auf Gesundheitsrisiken“.
Der Konsum von E-Zigaretten wird bereits immer mehr eingeschränkt. San Francisco hat Ende Juni die Herstellung und den Verkauf solcher Produkte verboten. China, wo fast ein Drittel aller Tabakraucher lebt, plant ebenfalls die Regulierung. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) strebt ein Tabakwerbeverbot an, das auch E-Zigaretten miteinbezieht.
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