Ausland

WHO geht von steigenden Todesfällen bei Masern aus

  • Freitag, 6. Dezember 2019
/MaZi, stock.adobe.com
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Genf – Nach großen Erfolgen bei der Bekämpfung der Masern breiten sie sich derzeit wie­der weltweit aus. Rund 140.000 Menschen sind nach Schätzungen der Weltgesund­heitsorganisation (WHO) im vergangenen Jahr an der hochansteckenden Krankheit ge­stor­ben, zumeist Kinder unter fünf Jahren. Die Zahl der Todesopfer ist im Langzeit-Ver­gleich aber gesunken, im Jahr 2000 erlagen noch mehr als 535.000 Menschen der Krank­heit.

Seit Kurzem steigen die Zahlen jedoch wieder. So gab es 2018 den WHO-Schätzungen zu­folge rund 16.000 Masern-Tote mehr als 2017. Vor allem im Kongo verbreiten sich die Ma­sern vielerorts. Ein Grund ist laut der WHO eine zu niedrige Impfrate. Experten beklagen unter anderem Lücken in der Versorgung mit den Impfstoffen.

Ähnlich wie die Todeszahlen veränderten sich zuletzt auch die geschätzten Infektionen, die nach einem drastischen Rückgang ebenfalls wieder angestiegen sind. Nach WHO-Schätzungen gab es 2018 knapp 9,8 Millionen Masernfälle, im Jahr davor fast 7,6 Millio­nen.

Da in vielen Ländern keine Meldepflicht besteht, wird laut WHO nur ein Bruchteil der Ma­sernfälle bekannt. Die weitaus meisten Ansteckungen wurden 2019 bis Mitte November aus dem Kongo gemeldet. Die Behörden gehen davon aus, dass allein dort mehr als 5.000 Menschen an Masern gestorben sind – weit mehr als beim Ebola-Ausbruch seit Sommer 2018 mit rund 2.200 Toten bislang.

In Europa kam es in der Ukraine zu einem großen Ausbruch mit fast 57.000 gemeldeten Fällen. Auch in Liberia, Madagaskar und Somalia gibt es große Probleme mit den Masern. Auf diese fünf Staaten entfällt letztlich fast die Hälfte aller gemeldeten Masern-Fälle.

Auch in den USA – die einst als masernfrei galten – ist die Tendenz wieder steigend, das Land verzeichnete so viele Fälle wie seit 25 Jahren nicht mehr. Erst in der vergangenen Woche sind zudem im polynesischen Inselstaat Samoa mindestens 53 Menschen bei einem Masernausbruch gestorben.

Gesundheitssysteme überfordert

„Die Gesundheitssysteme sind in manchen Ländern sehr geschwächt. Da gibt es dann oft Lücken in der Versorgungskette, insbesondere beim Masern-Impfstoff“, sagte Marcus Bach­mann, für Ärzte ohne Grenzen zuletzt mehrmals Einsatzleiter im Kongo. Der Masern-Impfstoff müsse bis zur Verabreichung permanent gekühlt werden, auch das sei in vielen Ländern eine große Herausforderung.

Speziell im Kongo stehe zudem der Kampf gegen Ebola im Mittelpunkt, was sich auch finanziell deutlich bemerkbar mache. „Die Menschen vor Ort können dieses Ungleichge­wicht gar nicht verstehen. Sie haben große Sorgen wegen der Masern, weil die ihre Kin­der oft töten“, sagte Bachmann.

Für das kommende Jahr gebe es wenig Grund für Optimismus, sagte Bachmann. Die typi­schen Probleme in einigen Ländern – schlechte Überwachung und zu langsame Prüfung neuer Fälle, fehlende Impfungen und grundsätzlich Unsicherheit durch Konflikte – ließen sich schließlich nicht „von heute auf morgen“ lösen.

„Die Tatsache, dass ein Kind aufgrund einer Krankheit wie Masern stirbt, der durch Im­pfung vorgebeugt werden kann, ist offen gesagt ein Frevel und ein kollektives Versagen beim Schutz der Verletzlichsten“, sagte Tedros Adhanom Ghebreyesus, Generaldirektor der WHO. Der Organisation zufolge sind die Impfraten im vergangenen Jahrzehnt aber welt­weit konstant geblieben.

Die WHO schätzt, dass 86 Prozent der Kinder eine erste Impfung erhalten, nur rund 70 Pro­zent dann aber die empfohlene zweite Dosis. Nach WHO-Angaben ist eine Impfrate von 95 Prozent mit zwei Dosen in jedem Land nötig, um die Bevölkerung vor der Krank­heit zu schützen.

In Deutschland wurden nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) von Januar bis Ende November 501 Masern-Fälle gezählt – 2018 waren es im selben Zeitraum 528. Die Zahlen in Deutschland schwanken von Jahr zu Jahr jedoch sehr. Sie lagen in den vergan­ge­nen zehn Jahren zwischen 165 und 2465 Fällen pro Jahr.

Zum stärkeren Schutz vor der hoch ansteckenden Krankheit hat der Bundestag im No­vem­ber ein Gesetz für eine Impfpflicht beschlossen. Es soll zum 1. März 2020 in Kraft treten. Eltern müssen dann vor der Aufnahme in Kitas oder Schulen nachweisen, dass ihre Kinder geimpft sind.

Für Kinder, die schon zur Kita oder in die Schule gehen, muss der Nachweis bis zum 31. Juli 2021 erfolgen. Bei Verstößen drohen bis zu 2.500 Euro Bußgeld. Greifen soll die Impfpflicht auch für Lehrkräfte und Erzieher sowie für Personal in medizinischen Einrichtungen.

dpa

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