Wie gefährlich ist ein Marathonlauf für den Herzmuskel?
Marathonläufe sind beliebt. Viele junge (oder nicht mehr ganz so junge) Menschen betrachten sie als körperliche Herausforderung, der sie sich jedes Jahr in einer zunehmenden Zahl von Stadtmarathons stellen können. Sportmediziner und Kardiologen sind sich jedoch nicht sicher, ob ein Marathonlauf gesund ist.
Einerseits sind plötzliche Herzstillstände bei einem Marathon sehr selten. Die RACER-Studie („Race Associated Cardiac Arrest Event Registry“) ermittelte vor sechs Jahren eine Inzidenz von eins zu 184.000, allerdings mit steigender Tendenz vor allem bei jungen Männern, die sich offenbar am ehesten überschätzen (NEJM 2012; 366: 130-40). In dieser Gruppe kam es zuletzt zu einem Todesfall auf 43.478 Teilnehmer. In den Autopsien stellte sich später heraus, dass viele Gestorbene an einer hypertrophen Kardiomyopathie litten, einer keinesfalls seltenen genetischen Störung, die bei einer Überforderung eine tödliche Arrhythmie auslösen kann.
Eine weitere Folge von extremen Ausdauersportarten ist ein Anstieg von kardialen Markern, die zur Diagnose von Herzinfarkt und Herzinsuffizienz verwendet werden. Dazu gehören Troponin I oder T, die aus abgestorbenem Herzmuskelzellen ins Blut abgegeben werden. Weitere Marker sind die Kreatinkinase (vor allem das Isoenzym MB) und Myoglobin. Beide kommen jedoch auch im Skelettmuskel vor, weshalb ein Anstieg kein sicherer Hinweis auf eine Schädigung des Herzmuskels ist.
Ein Team um Juan del Coso von der Camilo José Cela Universität in Madrid hat in einer aktuellen Studie die kardialen Marker bei 63 Amateurläufern vor und nach einem Langstreckenlauf untersucht. Die Forscher bilden 21 Triplets aus Sportlern, die sich in Alter, Körpergewicht und Lauferfahrung ähnelten. Jeweils einer der Triplets absolvierte einen Zehn-Kilometer-Lauf, einen Halbmarathon oder einen Marathon.
Ein Marker für die chronische Herzinsuffizienz ist das Hormon NTproBNP, das bei einer vermehrten Volumenbelastung von den Herzvorhöfen ans Blut abgegeben wird.
Ein Team um Juan del Coso von der Camilo José Cela Universität in Madrid hat in einer aktuellen Studie (Circulation 2018; doi: 10.1161/CIRCULATIONAHA.118.034655) die kardialen Marker bei 63 Amateurläufern vor und nach einem Langstreckenlauf bestimmt. Die Forscher bildeten 21 Triplets aus Sportlern, die sich in Alter, Körpergewicht und Lauferfahrung ähnelten. Jeweils einer der Triplets absolvierte einen Zehn-Kilometer-Lauf, einen Halbmarathon oder einen Marathon. Vor und nach dem Wettbewerb wurden Blutproben entnommen.
Wie del Coso berichtet, kam es nach dem Lauf zu einem Anstieg der spezifischen Herzinfarktmarker. Besonders deutlich stieg das Troponin I an. Aber auch Troponin T und die Kreatinkinase MB waren erhöht. Die gemessenen Werte lagen zwar um Größenordnungen niedriger als nach einem Herzinfarkt. Die Ergebnisse zeigen jedoch, dass die Strapazen kurzfristig zu einer Schädigung des Herzmuskels führen können.
Auch bei NTproBNP kam es zu einem leichteren Anstieg. NTproBNP wird bei einer Volumenbelastung von den Herzvorhöfen freigesetzt. Es ist ein Marker für eine Herzinsuffizienz. Der Anstieg bei den Marathonläufern zeigt eine momentane Überlastung des Herzmuskels an. Die Anstiege der kardialen Marker waren dosisabhängig. Ein Zehn-Kilometer-Lauf belastete das Herz deutlich weniger als ein Marathonlauf.
Nach dem Lauf kommt es zu einer Normalisierung der kardialen Marker. Ob eine dauerhafte Schädigung des Herzmuskels eingetreten ist, kann heute im Prinzip mit der kardialen Magnetresonanztomographie untersucht werden. Die Methode ist relativ neu und die Zahl der Studien noch gering. Bei einigen Extremsportlern scheint es jedoch zu einer vermehrten Fibrose zu kommen. Ob diese Menschen im Alter anfälliger für Herzerkrankungen sind, ist unklar. Die Frage dürfte jedoch angesichts der Popularität von Marathonläufen früher oder später zum Gegenstand von epidemiologischen Untersuchungen werden.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: