Medizin

Belastungsdyspnoe bei Long COVID: Den Ursachen auf der Spur

  • Mittwoch, 24. April 2024
/Irin, stock.adobe.com
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Mannheim – Warum es nach einer SARS-CoV-2-Infektion zu einer Belastungsdyspnoe kommen kann, ist nach wie vor nicht geklärt. Es werden drei verschiedene Hypothesen diskutiert, wie auf einem Symposium im Rahmen des Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie (DGP) diskutiert wurde.

„Wir meinen mit Long COVID Symptome, die neu sind nach einer Coronainfektion, die durch nichts anderes erklärbar sind als durch die Coronainfektion, und die leider auch persistieren“, erklärte Jens Spiesshoefer, Oberarzt an der Klinik für Pneumologie und Internistische Intensivmedizin, Uniklinik RWTH Aachen. Dies sei eine mögliche Definition. Hinzu komme noch die zeitliche Dimension, das heißt Beschwerden die mindestens 3 bis 6 Monate bestehen.

Zu den wesentlichen Beschwerden bei Long COVID zählten die Dyspnoe und die Fatigue, berichtete der Pneu­mologe. Bezüglich der Entstehung der Luftnot gebe es 3 Hypothesen, die ihm bekannt seien. So spielten wo­möglich Veränderungen der Atemregulation oder der Atemmuskulatur eine Rolle.

Eine weitere Hypothese gehe von einer zentralen Ursache aus. Hinweise auf einen eindeutigen Mechanismus gebe es bislang aber noch nicht, betonte Spiesshoefer. Die Forschung dazu laufe weiter. Aber auch eine ver­minderte Sauerstoffaufnahme oder eine Diffusionsstörung können als Ursache für die Luftnot infrage komm­en, führte er weiter aus. Womöglich komme es zu lungenparenchymatösen Veränderungen nach einer COVID-19-Pneumonie.

In einer eigenen Studie (American Journal of Respiratory Critical Care Medicine, 2023; DOI: 10.1164/rccm.202206-1243OC) untersuchte ein Team um Spiesshoefer, ob eine Schwäche der Atemmusku­latur, vor allem des Zwerchfells, eine Ursache bei einem Teil der Betroffenen für eine Belastungsdyspnoe nach COVID-19 sein könnte.

In die Untersuchung schlossen die Forschenden 50 Personen ein, die etwa ein Jahr zuvor aufgrund von COVID-19 entweder auf einer Normal- oder auf einer Intensivstation behandelt worden waren (je n=25). Bei diesen Personen wurden unter anderem der transdiaphragmale Druck nach zervikaler Magnetstimulation der Zwerchfellnervenwurzeln gemessen sowie weitere Untersuchungen durchgeführt, um mögliche andere Ursachen für eine Belastungsdyspnoe auszuschließen.

Es zeigte sich, dass etwa zwei Drittel der Betroffenen 15 Monate nach Entlassung aus dem Krankenhaus entweder eine moderate oder eine schwere Belastungsdyspnoe aufwiesen. Im Vergleich zu einer gesunden Kontrollgruppe angepasst an Alter, Geschlecht, Body-Mass-Index und Komorbiditäten zeigte sich ein herab­gesetzter transdiaphragmaler Druck.

Die Patientinnen und Patienten hätten eine signifikante Schwäche der Atemmuskultur, so Spiesshoefer. Das sei unabhängig von der Schwere der ursprünglichen Coronainfektion beziehungsweise ob eine Beatmung erfolgt war. „Das scheint eher ein virusspezifischer Mechanismus zu sein, der hier eine Rolle spielt“, sagte der Pneumologe. Das Ausmaß der Atemmuskelschwäche korrelierte dabei mit der Schwere der Belastungsdys­pnoe.

Eine mögliche Therapie könnte ein Gerät zum inspiratorischen Muskeltraining sein, so Spiesshoefer, um die Atemmuskulatur zu stärken. In einer weiteren Studie (NCT05582642) evaluierten er und weitere Forschen­de die Kraft der Atemmuskulatur 6 Wochen vor und 6 Wochen nach einem strukturierten Training.

Dabei handele es sich um ein „Sit-up-Training“ der Atemmuskulatur, wie der Pneumologe es nannte. Die Betroffenen atmen mithilfe des Geräts gegen einen Widerstand ein, in einer Frequenz von 30 Mal vormittags und 30 Mal nachmittags. Der Widerstand lasse sich individuell einstellen.

Sie rekrutierten zunächst 18 Patientinnen und Patienten, die sie bereits gut ein Jahr nach dem Krankenhaus­auf­enthalt untersucht hatten und die sie ungefähr ein Jahr später erneut überprüften. Die Belastungsdyspnoe per­sistierte auch 28 Monate nach der stationären Therapie, berichtete Spiesshoefer. Je 9 Personen erhielten ein effektives inspiratorisches Muskeltraining (Krafttraining) oder ein Training mit relativ wenig Widerstand (Ausdauertraining, Kontrollgruppe).

Nach 6 Wochen zeigte sich Spiesshoefer zufolge, dass das Krafttraining im Vergleich zur Kontrollgruppe die Belastungsdyspnoe deutlich besserte und auch die Atemmuskulatur gestärkt wurde.

aks

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