Medizin

England: Variante Delta bereits für über 90 % der COVID-19-­Erkrankungen verantwortlich

  • Montag, 14. Juni 2021
/bluedesign, stock.adobe.com
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London – In Großbritannien ist es innerhalb einer Woche zu 33.000 neuen nachgewiesenen Infektionen mit der „indischen“ Variante B.1.617.2 gekommen, die jetzt als Delta bezeichnet wird. Eine Fall-Kontroll-Studie der Gesundheitsbehörde Public Health England (PHE) ergab, dass die Übertragungsrate in den Haushalten um 64 % höher ist als bei der Variante B.1.1.7 (Alpha). Die Zahl der Todesfälle ist bisher (noch?) gering. Ob die Herdenimmunität auch vor der Variante Delta schützt, ist unklar.

Die Variante Delta hat sich in Großbritannien rasend schnell ausgebreitet. Das neue Virus war erstmalig Ende März beobachtet worden, seit dem 21. April gilt es als besorgniserregende Variante (VOC). In weniger als 50 Tagen hat Delta die Variante Alpha verdrängt.

Wie die PHE jetzt bekannt gab, entfielen in der Woche bis zum 4. Juni 96 % der sequenzierten bezieh­ungs­weise genotypisierten Fälle auf die Variante Delta. Die britischen Labors sind in den letzten Wochen davon abgerückt, die Varianten durch eine komplette Sequenzierung nachzuweisen. Sie begnügen sich mittlerweile mit dem PCR-Nachweis bestimmter Mutationen, was als Genotypisierung bezeichnet wird.

Die 28-Tage-Sterblichkeit von Delta ist derzeit sehr gering (0,1%). In England ist es bisher nur zu 42 Todesfällen durch Delta gekommen. Davon waren 23 nicht geimpft. Die anderen 19 hatten bereits die erste Dosis (7) oder die 2. Dosis (12) erhalten. Experten hoffen, dass die niedrige Sterberate auf die hohe Impfquote zurückzuführen ist, die vor schweren Verläufen schützen könnte. In England hatten zuletzt 78,4 % die Erstimpfung erhalten, insgesamt 55,9 % sind bereits durchgeimpft.

Die niedrige Sterblichkeit könnte jedoch auch darauf zurückzuführen sein, dass die Infektionen bisher vor allem bei jüngeren Menschen aufgetreten sind. Außerdem liegt der Beginn der Erkrankung bei den meisten Infizierten noch keine 28 Tage zurück. Es erscheint möglich, dass die Zahlen noch nach oben korrigiert werden müssen. Erste Daten aus England und Schottland deuten laut dem jüngsten Technical Report von PHE darauf hin, dass die Hospitalisierungsrate im Vergleich zu Alpha erhöht ist.

Aus dem Dashboard von PHE zu COVID-19 geht hervor, dass die Gesamtzahl der COVID-19-Fälle wieder ansteigt. Die 7-Tage-Inzidenz lag am 8. Juni bei 66,1/100.000 und damit mehr als 3 mal so hoch wie am 3. Mai mit 19,4/100.000. Dieser Anstieg ist auf die Delta-Variante zurückzuführen. Ob Großbritannien am Beginn einer neuen Krankheitswelle steht, ist unklar.

Die im Vergleich zu Alpha erhöhte Infektiosität zeigte sich auch in einer Fall-Kontroll-Studie der PHE zu Infektionen innerhalb einzelner Haushalte. Meaghan Kall vom „National COVID-19 Epidemiology National Infection Service“ verglich 3.765 Infektionen, die in Haushalten mit mehr als 2 Infizierten aufgetreten waren (Fälle), mit 7.530 sporadischen Infektionen, in denen es keine weiteren Infektionen im Haushalt gegeben hatte (Kontrollen).

Die Fälle waren zu 5,84 % mit der Variante Delta infiziert gegenüber 4,66 % der Kontrollen. Kall errechnet daraus eine adjustierte Odds Ratio von 1,64, die mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 1,26 bis 2,13 signifikant war. Dies bedeutet, dass das Risiko von weiteren Infektionen in einem Haushalt bei der Variante Delta um 64 % höher ist als mit der Variante Alpha.

rme

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