Medizin

FDA drängt Pfizer: In den USA könnten bald auch Kinder unter 5 Jahren geimpft werden

  • Mittwoch, 2. Februar 2022
/Photographee.eu, stock.adobe.com
/Photographee.eu, stock.adobe.com

Silver Spring/Maryland – Der Hersteller Pfizer hat – offenbar auf ausdrücklichen Wunsch der US-Arznei­mittel­behörde FDA – die Zulassung des mRNA-Impfstoffs Comirnaty (BNT162b2) für Kleinkinder im Alter von 6 Monaten bis 5 Jahren beantragt, obwohl die klinischen Studien nicht abgeschlossen sind und erste Ergebnisse die Wirksamkeit dem Vernehmen nach nicht sicher belegen.

Eine außerplanmäßige Gutachtertagung, auf der externe Experten ihr Votum abgeben sollen, ist auf den 15. Februar anberaumt. Die Impfkommission der Centers for Disease Control and Prevention (CDC) könnte noch am gleichen Tag entscheiden. Die American Academy of Pediatrics (AAP) würde eine schnelle Zulas­sung begrüßen.

Die Zahl der Infektionen bei Kindern ist seit dem Beginn der Omikron-Welle auch in den USA stark ge­stiegen. Allein im Januar wurden 3,5 Millionen pädiatrische Infektionen gemeldet. Seit Beginn der Pan­demie sind damit 10,6 Millionen Kinder an COVID-19 erkrankt, mehr als 1,6 Millionen dieser Fälle sind bei Kindern unter 4 Jahren aufgetreten. Dabei handelt es sich nicht nur um leichte Fälle. Kinder unter 4 Jahren machten Mitte Januar 3,2 % aller Krankenhauseinweisungen aufgrund von COVID-19 aus.

Damit ist offenbar der politische Druck auf die FDA gestiegen, die Indikation von BNT162b2, der als 1. Impfstoff in den USA bei Kindern und Jugendlichen zugelassen wurde, zu erweitern. Bisher darf der Impf­stoff erst ab einem Alter von 5 Jahren eingesetzt werden.

Normalerweise geht die Initiative für eine Zulassung vom Hersteller aus. Aus einem Twitter-Eintrag der FDA-Leiterin Janet Woodcock geht jedoch hervor, dass die Behörde die Firma gebeten habe, den geplan­ten Antrag auf eine erweiterte Zulassung vorzuziehen, auch wenn noch keine abschließenden Ergebnisse vorliegen.

Pfizer hatte im Rahmen der laufenden Zulassungsstudie begonnen, auch Kinder im Alter von 6 Monaten bis unter 5 Jahren zu impfen. Die Kinder hatten wie die älteren Teilnehmer 2 Dosen im Abstand von 21 Tagen erhalten, wenn auch in einer deutlich niedrigeren Dosierung von 3µg BNT162b2. Die Dosierung für 5- bis 11-Jährige beträgt 10µg, ab 12 Jahren werden 30 µg pro Dosis verimpft.

Die Studie ist noch nicht abgeschlossen. Doch eine Immunogenitätsanalyse in einer Untergruppe hatte im Dezember darauf hingedeutet, dass 2 Injektionen vermutlich keine ausreichende Immunität erzeugen. Der Hersteller kündigte am 17. Dezember in einer Pressemitteilung an, dass Kinder unter 5 Jahren in der Studie künftig eine 3. Dosis erhalten sollen. Sie soll im Abstand von mindestens 2 Monaten nach der 2. Dosis erfolgen.

Bisher wurden noch keine Daten zur Wirksamkeit oder Sicherheit von BNT162b2 in der jüngsten Alters­gruppe publiziert. Die New York Times will jedoch erfahren haben, dass es bei Kindern im Alter von 2 bis 4 Jahren zu einer um 57 % niedrigeren Rate von Infektionen gekommen ist. In der Altersgruppe von 6 Mo­n­aten bis 2 Jahren soll die Impfstoffwirksamkeit 50 % betragen haben. Insgesamt sollen weniger als 100 Fälle aufgetreten sein (wohl in Impfstoffgruppe und Placeboarm zusammen) und die Ergebnisse seien deshalb statistisch nicht signifikant gewesen.

Sollte dies zutreffen, dann dürfte der Hersteller sich am 15. Februar auf der Tagung des „Vaccines and Related Biological Products Advisory Committee“ der FDA in erster Linie auf Daten zur Sicherheit stützen. Daten hierzu könnten vorliegen, da die Nebenwirkungen in den ersten Tagen nach der Impfung auftreten und deshalb schneller zu erfassen sind als die Wirksamkeit, die sich erst in den folgenden Wochen und Monaten durch eine geringere Zahl von Erkrankungen zeigt.

Die Pressemitteilung des Herstellers vermittelt den Eindruck, als würde sich Pfizer vor allem auf die guten Erfahrungen in den anderen Altersgruppen stützen wollen. Die bereits Anfang November vorge­stellten Ergebnisse zu Kindern im Alter von 5 bis 11 Jahren haben eine gute Verträglichkeit bei Kindern belegt. Ernsthafte Sicherheitsprobleme sind nicht aufgetreten.

Zum Risiko von Myokarditiden dürfte es noch keine Daten geben. Die Nebenwirkung ist so selten, dass sie in klinischen Studien in der Regel nicht beobachtet wird. In der Datenbank VAERS von FDA und CDC ist es nach den ersten 8,7 Millionen Impfungen von Kindern im Alter von 5 bis 11 Jahren nur zu 11 bestä­tigten Meldungen einer Myokarditis gekommen. Auch dies spricht für die Sicherheit des Impfstoffs bei Kindern.

Daten zur Wirksamkeit der 3. Dosis werden erst für die kommenden Monate erwartet. Der Hersteller kün­digte an, nur die Zulassung der ersten beiden Dosen zu beantragen. Zur 3. Dosis soll später ein weiterer Antrag gestellt werden.

Die American Academy of Pediatrics begrüßte den Plan von FDA und CDC. Die Kinderärzte im Land hät­ten in den letzten Wochen aus erster Hand erfahren, wie sehr die Familien kleiner Kinder auf einen Impf­stoff warten.

Die Impfbereitschaft hat sich in den USA allerdings bisher in Grenzen gehalten. Nach CDC-Angaben sind in der Altersgruppe der 5 bis 11-Jährigen nur etwa 22 % vollständig geimpft.

rme

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung