Großbritannien: Verminderte Antibiotikaverordnung senkt Häufigkeit bestimmter Resistenzen

Bristol − Die Bemühungen des National Health Service (NHS), den Einsatz von Antibiotika in der hausärztlichen Versorgung zu verringern, hat laut einer Studie in PLOS ONE (2020; DOI: 10.1371/journal.pone.0232903) bereits nach kurzer Zeit zu einem Rückgang von Harnwegsinfektionen mit resistenten Bakterien geführt.
Die Primärärzte des NHS verordnen in Großbritannien mehr als 75 % aller Antibiotika. In der Vergangenheit wurden auch bei einfachen Infektionen gerne Breitbandantibiotika eingesetzt, da dies unabhängig vom Erreger einen raschen Therapieerfolg versprach. Die Folge ist bekanntlich eine Zunahme der Resistenzen, die den Einsatz der breitwirkenden Antibiotika bei ernsthaften Infektionen gefährden kann.
Der NHS in England hat deshalb 2014/15 finanzielle Anreize für die Verordnung einfacher Antibiotika geschaffen. Tatsächlich sind in den Folgejahren die Verordnungen von Amoxicillin-Clavulansäure, Cephalosporinen und Chinolonen in der Grundversorgung zurückgegangen.
Ein Team um Ashley Hammond von der Universität Bristol hat jetzt untersucht, welche Auswirkungen die veränderten Verordnungen auf die Häufigkeit von Resistenzen haben. Als Marker wählten sie den Anteil von Antibiotika-Resistenzen bei E. coli, dem häufigsten Erreger von Harnwegsinfektionen. Die Infektion erfolgt meist über Darmbakterien, bei denen es nach der in der Regel oralen Verordnung von Antibiotika leicht zur Entwicklung von Resistenzen kommen kann.
Wie im Rest des Landes ist auch in der Region Bristol der Verbrauch von Antibiotika in der ambulanten Versorgung zurückgegangen. Die Verordnungen von Amoxicillin gingen um 14 %, die von Cefalexin um 20 % zurück. Ciprofloxacin wurde zu 24 % seltener, Amoxicillin-Clavulansäure sogar zu 49 % seltener eingesetzt. Bei Trimethoprim betrug der Rückgang 8 %. Bei Nitrofurantoin gab es ein Plus um 7 %, das gewollt war. Nitrofurantoin sollte nach den Leitlinien des NHS das Mittel der Wahl bei den häufigen Harnwegsinfektionen sein.
Das veränderte Verordnungsverhalten wirkte sich rasch auf die Ergebnisse der Resistenztests in den beiden Zentrallabors der Region aus. Schon in den ersten 3 Monaten gingen die Resistenzen von E. coli auf Ciprofloxacin, Trimethoprim und Amoxicillin zurück. Bei Trimethoprim und Amoxicillin hielt der Rückgang danach an. Die Studie ergab jedoch auch, dass trotz der Verringerung der Abgabe von 2 anderen Antibiotika, Cefalexin und Co-Amoxiclav, die Resistenzen gegen diese Antibiotika im Laufe der Zeit zunahmen. Eine Erklärung hierfür hat Hammond nicht.
Erfreulich war, dass trotz des häufigeren Einsatzes von Nitrofurantoin bei unkomplizierten Harnwegsinfektionen die Zahl der Resistenzen nicht zugenommen hat. Dass dies so bleibt, ist allerdings keineswegs gewiss.
Hammond bleibt skeptisch. Sie fordert, die Resistenzentwicklung weiter intensiv zu beobachten und eventuell bei den Empfehlungen gegenzusteuern. Insgesamt zeigt die Studie aber, dass die Zunahme von Antibiotika-Resistenzen kein umumkehrbarer Trend ist.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: