Keine Evidenz für Nutzen von Blutwäsche bei Long COVID

Freiburg – Erschöpfung, Gedächtnis- und Konzentrationsprobleme, Schlafstörungen, Husten, Muskelschwäche, Sprachstörungen – lang anhaltende Symptome nach COVID-19 sind schwer einzuordnen und abzugrenzen. Über die Langzeitfolgen einer akuten COVID-19-Infektion ist wissenschaftlich noch wenig bekannt.
Aber die Nachfrage nach Therapieangeboten ist groß, die über die Behandlung einzelner Symptome hinausgehen. Ein Behandlungsansatz, auf den viele Patienten große Hoffnungen setzen, ist die Blutwäsche.
Beim Einsatz solcher Plasmaphereseverfahren gegen Long COVID steht oft die Entfernung von Mikrogerinnseln im Vordergrund. Diese sollen einer Hypothese zufolge ursächlich an der Entstehung von Long COVID beteiligt sein, indem sie den Blutfluss in den feinsten Gefäßen und damit die Versorgung des Körpers mit Sauerstoff behindern.
Eine Cochrane-Arbeitsgruppe hat sich auf die Suche nach randomisierten kontrollierten Studien zur Wirksamkeit solcher Ansätze einer Blutwäsche zur Entfernung Mikrogerinnsel gemacht – und nicht eine einzige gefunden.
Auch aktuell laufende Studien, die diese Evidenzlücke bald schließen könnten, ließen sich nicht identifizieren. Die Übersichtsarbeit ist in der Cochrane-Library erschienen (2023, DOI: 10.1002/14651858.CD015775).
Parallel suchte die Cochrane-Gruppe auch nach Evidenz aus Laborstudien für den postulierten Zusammenhang zwischen den Partikeln im Blut und COVID. In fünf identifizierten Studien zeigte sich, dass der Begriff „Mikrogerinnsel“ medizinisch nicht passend ist.
Die Autoren sprechen deshalb korrekter von „Amyloid-Fibrin(ogen)-Partikeln“. Die Studien zeigen aber, dass solche Partikel bei Patienten mit Long COVID wie auch bei Gesunden zu finden sind – sie sind also kein spezifisches Merkmal von Long COVID.
„Es gibt keinen Grund für eine Plasmapherese zur Entfernung von Amyloid-Fibrin(ogen)partikeln beim Post‐COVID‐19‐Syndrom und es fehlen Daten über die Sicherheit dieser Behandlung“, zieht die Cochrane-Gruppe ein Fazit ihrer Recherche. Patienten sollten keine Plasmapherese außerhalb einer ordnungsgemäß durchgeführten placebokontrollierten randomisierten klinischen Studie erhalten.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: