Medizin

Keine Evidenz für Nutzen von Blutwäsche bei Long COVID

  • Montag, 21. August 2023
/picture alliance, dpa, Hendrik Schmidt
/picture alliance, dpa, Hendrik Schmidt

Freiburg – Erschöpfung, Gedächtnis- und Konzentrationsprobleme, Schlaf­störungen, Husten, Muskelschwäche, Sprachstörungen – lang anhaltende Symptome nach COVID-19 sind schwer einzuordnen und abzugrenzen. Über die Langzeitfolgen einer akuten COVID-19-Infektion ist wissen­schaft­lich noch wenig bekannt.

Aber die Nachfrage nach Therapieangeboten ist groß, die über die Behandlung einzelner Symptome hinaus­ge­hen. Ein Behandlungsansatz, auf den viele Patienten große Hoffnungen setzen, ist die Blutwäsche.

Beim Einsatz solcher Plasmaphereseverfahren gegen Long COVID steht oft die Entfernung von Mikrogerinnseln im Vordergrund. Diese sollen einer Hypothese zufolge ursächlich an der Entstehung von Long COVID beteiligt sein, indem sie den Blutfluss in den feinsten Gefäßen und damit die Versorgung des Körpers mit Sauerstoff behindern.

Eine Cochrane-Arbeitsgruppe hat sich auf die Suche nach randomisierten kontrollierten Studien zur Wirksam­keit solcher Ansätze einer Blutwäsche zur Entfernung Mikrogerinnsel gemacht – und nicht eine einzige gefun­den.

Auch aktuell laufende Studien, die diese Evidenzlücke bald schließen könnten, ließen sich nicht identifizieren. Die Übersichtsarbeit ist in der Cochrane-Library erschienen (2023, DOI: 10.1002/14651858.CD015775).

Parallel suchte die Cochrane-Gruppe auch nach Evidenz aus Laborstudien für den postulierten Zusammen­hang zwischen den Partikeln im Blut und COVID. In fünf identifizierten Studien zeigte sich, dass der Begriff „Mikrogerinnsel“ medizinisch nicht passend ist.

Die Autoren sprechen deshalb korrekter von „Amyloid-Fibrin(ogen)-Partikeln“. Die Studien zeigen aber, dass solche Partikel bei Patienten mit Long COVID wie auch bei Gesunden zu finden sind – sie sind also kein spezi­fisches Merkmal von Long COVID.

„Es gibt keinen Grund für eine Plasmapherese zur Entfernung von Amyloid-Fibrin(ogen)partikeln beim Post‐COVID‐19‐Syndrom und es fehlen Daten über die Sicherheit dieser Behandlung“, zieht die Cochrane-Gruppe ein Fazit ihrer Recherche. Patienten sollten keine Plasmapherese außerhalb einer ordnungsgemäß durchge­führten placebokontrollierten randomisierten klinischen Studie erhalten.

hil

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung