PEI widerspricht FDA: Omikron-Nachweis mit Antigentests ebenso gut wie bei Delta

Langen – Heute vorgestellte Untersuchungen des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) geben keinen Hinweis auf eine verringerte Sensitivität von Antigenschnelltests gegenüber Omikron. Die Hinweise der US-Arzneimittelbehörde FDA vom Dezember 2021, Antigentests könnten gegenüber der Omikron-Variante möglicherweise eine verringerte Sensitivität aufweisen, konnte das PEI somit nicht bestätigen.
Allerdings nutzen mindestens 43 Tests laut Herstellerangaben Binderegionen, die mit einem Omikron-Mutationsbereich überlappen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) teilte auf Anfrage mit, die Hersteller müssten bis spätestens 13. April die in den neuen Mindestkriterien verlangte Information zu den in den Tests verwendeten Antikörpern nachreichen.
Hier heißt es unter anderem: Wenn der betreffende Antigentest das SARS-CoV-2-Oberflächenprotein („Spike“) detektiert, muss nachgewiesen werden, dass Mutationen in SARS-CoV-2, die zu einer Variation im Spike-Antigen führen (z.B. „UK-Variante“, „Omikron") zuverlässig erkannt werden.
Im vergangenen Jahr hatte das PEI innerhalb von 17 Monaten 245 SARS-CoV-2-Antigentests gegenüber den Varianten Wuhan und Delta überprüft. 199 dieser Tests konnten bei höchster Viruslast eine Sensitivität von mindestens 75 % nachweisen und wurden anschließend auf einer Liste des BfArM als weiterhin erstattungsfähig aufgeführt.
Von diesen 199 Tests wählte das PEI nun zufällig 20 Antigentests zur professionellen Anwendung aus und übrprüfte die Falsch-Negativ-Rate gegenüber Omikron. Die experimentelle Untersuchung ergab eine analoge Sensitivität gegenüber den früheren Varianten Delta und Wuhan. Das teilte das PEI heute in einem virtuellen Presse-Workshop mit.
Alle schon 2021 positiv bewerteten Tests boten somit auch bei Omikron die geforderte Sensitivität von mindestens 75 % bie hoher Viruslast (siehe Kasten) – das bedeutet, dass von 100 infizierten Personen weniger als 25 Personen ein falsch-negatives Ergebnis bekommen würden.
Das PEI geht davon aus, dass die Ergebnisse der 20 Tests sich auch auf weitere Tests mit ähnlichem Design übertragen lassen. Aufgrund der deutlich kürzeren Zeit überprüfte das deutsche Bundesinstitut dieses mal zwar weniger Antigentests. Das BfArM hatte jedoch darüber hinaus vertrauliche Daten der Hersteller zum Design aller 607 beim BfArM gelisteten Antigenschnelltests angefordert.
„Bislang haben wir 428 auswertbare Antworten erhalten“, berichtete Micha Nübling, Leiter der Abteilung G Grundsatzfragen am PEI. Bei 385 dieser Tests, was etwa 90 % entspricht, sollte die Antikörperbinderegion nicht von einer Omikron-Mutation beeinflusst werden.
Bei 43 Tests können wir das hingegen nicht ausschließen, fügt Nübling hinzu und weiter: „In diesen Fällen würde das BfArM die Hersteller auffordern, die Omikronerkennung seines Tests gezielt zu validieren. Diese Daten müssten eingereicht werden, um auf der BfArM-Liste bleiben zu können.“
Auf der aktualisierten BfArM-Liste erscheint seit heute eine neue Spalte „Omikron Erkennung entsprechend der Bridging Prüfung des PEI“. Hier wird ein „ja“ vermerkt, sofern die Zielregion der verwendeten Antikörper außerhalb mutierter N-Regionen liegen. In der angrenzenden Spalte steht vermerkt, ob der Test zu den 245 vom PEI validierten Tests zählt.
Eine Positivliste soll eine übersichtliche Darstellung bieten. Noch ist die PEI-Liste auf dem Stand vom 31.1.2022. Die Positivliste hinsichtlich Omikron wird laut Nübling durch das „Ja“ bei Bridging definiert sein. Hinsichtlich Omikron „Negativ“ bewertete Tests würden sowohl beim PEI als auch beim BfArM von der Liste gestrichen werden.
Die Unsicherheit bezüglich der Aussagekraft von Antigentests bei Omikron basierte im Wesentlichen auf drei Quellen. „Insbesondere die FDA hat Unruhe geschürt mit einer diffusen Mitteilung, dass SARS-CoV-2-Diagnostika allgemein die Omikron-Variante unterbestimmen könnten“, sagte Nübling.
Daten habe die FDA dazu jedoch nie veröffentlicht. 2 weitere Studien aus Genf und München mit Zellkulturproben und klinischen Proben gaben aber Hinweise auf eine mögliche Unterbestimmung von Antigenschnelltests gegenüber Omikron (medRxiv 2021; Medical Microbiology and Immunology 2022).
Neue In-vitro-Diagnostika (IVD)-Verordnung tritt Ende Mai in Kraft
Der Präsident des PEI, Klaus Cichutek, betonte: „Die Verantwortung für das Funktionieren der Tests liegt beim Hersteller und nicht beim PEI oder beim BfArM.“ Eine neue europäische In-vitro-Diagnostika (IVD)-Verordnung soll die „schwache Regulation“ demnächst bessern, stellte Nübling in Aussicht. Sie soll am 26. Mai in Kraft treten.
Hier gilt: Die Zertifizierung von neuen SARS-CoV-2-Diagnostika ist nur noch mit der Begutachtung einer benannten Stelle möglich und nachdem ein EU-Referenzlabor eine Prüfung durchgeführt hat. Allerdings bleibe eine Wermutstropfen, so Nübling: „Es gibt eine Übergangsfrist, die erlaubt, dass die derzeit selbstzertifizerten Tests, die bereits auf dem Markt sind, bis Mai 2025 noch vermarktet werden dürfen.“
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: