SARS-CoV-2: Astrazeneca-Impfstoff erzeugt weniger Antikörper gegen Delta-Variante als mRNA-Vakzine

London und Cambridge/Massachusetts – Die Impfung mit Vaxzevria (AZD1222) von Astrazeneca hat in einer Langzeitstudie, die in einer Kohorte regelmäßig die Immunreaktion auf die COVID-19-Impfung untersucht, eine schwächere Antikörperreaktion gegen die Variante Delta von SARS-CoV-2 erzielt als Comirnaty (BNT162b2) von Biontech/Pfizer.
Dies geht aus 2 Berichten im Lancet (2021; DOI: 10.1016/S0140-6736(21)01290-3 und 01462-8) hervor. Die Immunogenität des mRNA-Impfstoffs von Moderna ist nach Angaben des Herstellers nur leicht abgeschwächt.
Die „Legacy“-Studie untersucht seit Anfang des Jahres regelmäßig die Immunität von geimpften Personen. Das Francis Crick Institute in London hat dazu eigens einen Test entwickelt, mit dem sich innerhalb kurzer Zeit die neutralisierende Wirkung der Antikörper bestimmen lässt, die vor einer Infektion schützen sollen.
Die derzeit brennendste Frage lautet, ob die Impfstoffe, die gegen den Wildtyp entwickelt wurden, auch vor den derzeit zirkulierenden Virusvarianten schützen. In Großbritannien hatte sich ab Dezember die Variante Alpha durchgesetzt, inzwischen wurde sie von der Variante Delta verdrängt.
Der 1. ab Dezember 2020 in Großbritannien eingesetzte Impfstoff war Comirnaty von Biontech/Pfizer, im Januar 2021 folgte dann Vaxzevria von Astrazeneca. Die von David Bauer und Mitarbeitern durchgeführten Untersuchungen deuten auf eine etwas bessere Schutzwirkung von Comirnaty hin. Bei 95 % der Geimpften waren nach der 2. Dosis neutralisierende Antikörper nachweisbar. Nach der Impfung mit Vaxzevria betrug der Anteil nur 62 %.
Dies könnte bedeuten, dass 1/3 der vollständig Geimpften nicht vor einer Infektion mit der Variante Delta geschützt ist. Bei den Teilnehmern, die erst 1 Dosis erhalten haben, könnte der Anteil sogar bei 85 % liegen. Es besteht allerdings die Möglichkeit, dass die zelluläre Abwehr, die in der Studie nicht untersucht wurde, die Schwäche der humoralen Immunabwehr abmildert.
Auch die Wirksamkeit der neutralisierenden Antikörper war vermindert. Im dem Labortest war die Schutzwirkung von Comirnaty gegen die Variante Delta 5,8-fach schwächer als gegen den Wildtyp. Die Wirkung gegen die Variante Alpha war nur um den Faktor 2,6 reduziert. Für die Variante Beta (Südafrika) war die Wirksamkeit um den Faktor 4,9 reduziert.
Die Immunität von Vaxzevria ist noch einmal schwächer. Die neutralisierende Wirkung der Antikörper war bereits gegen den Wildtyp 2,1-fach schwächer als auch einer Impfung mit Comirnaty. Gegenüber der Variante Alpha war die Wirkung um den Faktor 2,4 vermindert. Auch gegen Beta erzielten die durch Vaxzevria induzierten Antikörper eine 2,5-fach schwächere neutralisierende Wirkung als nach den beiden Impfungen gegen Comirnaty.
Welche Auswirkungen die schwächere Schutzwirkung auf den weiteren Verlauf der Epidemie in Großbritannien hat, bleibt abzuwarten. Die Zahl der Infektionen ist in den letzten Wochen deutlich angestiegen. Betroffen scheinen jedoch vor allem jüngere Menschen zu sein, die noch nicht doppelt geimpft wurden und bei denen schwere Erkrankungen selten sind. Die Behörde Public Health London verzeichnete zuletzt einen Anstieg der Hospitalisierungen. Die Zahl der Todesfälle ist jedoch weiterhin gering.
Bei dem Impfstoff von Moderna, der wie Comirnaty zu den mRNA-Vakzinen gehört, scheint die Schutzwirkung gegen die Varianten ebenfalls nur leicht abgeschwächt zu sein. Die Untersuchung von 8 Teilnehmern der Phase-1-Studie aus dem letzten Jahr ergab laut einer Pressemitteilung des Herstellers, dass die Antikörper aus dem Blut der Geimpften alle getesteten Virusvarianten erkennen. Dazu gehörten in den Labortests die Beta-Variante, 3 Varianten aus Indien (darunter Delta und Kappa), die Eta-Variante (aus Nigeria) sowie die Varianten A.23.1 und A.VOI.V2, die erstmals in Uganda beziehungsweise Angola identifiziert wurden.
Die neutralisierende Wirkung der Antikörper war jedoch abgeschwächt: Gegen die Variante Delta (2,1-fach), Gamma (3,2-fach), Kappa (3,3-3,4-fach) und Eta (4,2-fach) im Vergleich zum Wildtyp, gegen den der Impfstoff ursprünglich konzipiert wurde.
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