Medizin

SARS-CoV-2: Monoklonaler Antikörper blockiert Eintritt in die Zelle

  • Dienstag, 5. Mai 2020
/peterschreiber.media, stock.adobe.com
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Utrecht − Niederländische Forscher haben einen menschlichen Antikörper gefunden, der die beiden SARS-Coronaviren neutralisieren kann. Die in Nature Communications (2020; DOI: 10.1038/s41467-020-16256-y) vorgestellten Ergebnisse eröffnen die Perspektive auf eine neue Behandlung oder auch die Prävention von SARS-CoV-2.

Menschen überstehen Virusinfektionen, weil ihr Immunsystem neutralisierende Antikörper gegen die Erreger bildet. Die Antikörper-Bildung setzt allerdings erst nach 1 bis 2 Wochen ein. Bei bestimmten Erkrankungen, zu denen auch COVID-19 gehört, kann es dann schon zu spät sein, weil der Patient vorher an den Folgen der Infektion gestorben ist.

Die Gabe von Antikörpern ist die Grundlage der Immuntherapie, die bereits vor einem Jahrhundert von Emil von Behring vorgeschlagen wurde und die derzeit auch an Patienten mit COVID-19 erprobt wird. Die Serumtherapie setzt allerdings voraus, dass bereits einige Patienten die Infektion überlebt haben und ihr Immunsystem ausreichend Antikörper gebildet hat.

Dies ist nicht immer der Fall, und die Behandlung kann bei neuen Erregern wie SARS-CoV-2 für die ersten Patienten zu spät kommen. Die Behandlung ist zudem organisa­torisch aufwendig und nicht ohne Risiken, da neben den Antikörpern meist noch andere Serumbestandteile übertragen werden, die dem Patienten schaden können (Serum­krankheit).

Idealer, allerdings in der Praxis noch schwieriger umzusetzen, wäre eine Behandlung mit monoklonalen Antikörpern. Diese können heute in Zellkulturen erzeugt werden. Zur Behandlung des Ebola-Fiebers wurden bereits mehrere Antikörper-Präparate entwickelt, von denen zwei, nämlich MAb114 und REGN-EB3, sich in einer randomisierten Studie (NEJM 2019; 381: 2293-303) als effektiver erwiesen haben als das Virustatikum Remdesivir, dem derzeit aussichtsreichsten Wirkstoff bei COVID-19.

Ein Team um Berend-Jan Bosch von der Universität Utrecht hat nach der Epidemie mit dem ersten SARS-Virus (2002/3) nach Antikörpern gesucht, die den Eintritt der Viren in die Zellen verhindern können. Die Forscher haben in den letzten Jahren 51 verschiedene Antikörper gegen SARS-CoV-1 in Zellkulturen vermehrt. Dabei handelte es sich um chimäre Antikörper mit Anteilen von Mäusen und Menschen.

In den letzten Wochen haben die Forscher untersucht, ob diese Antikörper auch SARS-CoV-2 neutralisieren. Bei 4 Antikörpern wurde eine Kreuzimmunität beobachtet. Einer dieser Antikörper (47D11) wurde „umformatiert“, so dass er nur noch menschliche Anteile besitzt.

Erste Laborexperimente zeigen, dass 47D11 in der Lage ist, eine Infektion von Zellen durch SARS-CoV-2 zu verhindern. Ob 47D11 auch bei Patienten mit COVID-19 wirksam wäre, lässt sich nicht vorhersagen. Die Erfahrungen bei Ebola zeigen, dass in der Regel eine Mischung aus mehreren Antikörpern erforderlich ist, um die Viren aufzuhalten (und eine Resistenz zu verhindern). Da der Antikörper ausschließlich „menschliche“ Anteile hat, könnte er gut verträglich sein.

Der Antikörper könnte im Prinzip in Zellkulturen in größerer Menge hergestellt werden. Vor dem Beginn klinischer Studien dürften jedoch noch ausführliche Tests an Versuchs­tieren erforderlich sein. Der Antikörper käme sowohl zur Behandlung als auch zur Prävention infrage. Er könnte auch gegen zukünftige Coronaviren wirksam sein, wenn diese die Zellen über den gleichen Rezeptor wie SARS-CoV-1 und -2 infizieren.

rme

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