Medizin

Stadtratten in New York mit SARS-CoV-2 infiziert

  • Freitag, 10. März 2023
/picture alliance, WILDLIFE, S.E.Arndt
/picture alliance, WILDLIFE, S.E.Arndt

Columbia/Missouri – Ratten können sich mit SARS-CoV-2 infizieren. Während der Deltawelle wurden die Coronaviren in New York bei jedem 6. Nager nachgewiesen. Experimente in mBio (2023; DOI; 10.1128/­mbio.03621-22) zeigen, dass die Viren bei den Tieren eine Infektion auslösen können.

SARS-CoV-2 ist ein zoonotischer Erreger, der neben den Menschen auch Hirsche, Nerze, Otter, Frettchen, Hamster, Gorillas, Katzen, Hunde, Löwen und Tiger (und vermutlich noch weitere Tierarten) infizieren kann. Das Risiko ist vor allem für Tiere hoch, die sich in der unmittelbaren Umgebung von Menschen aufhalten. Dazu gehört Rattus norvegicus, die in einigen US-Städten wie New York ebenso verbreitet ist wie der Mensch.

Da die Nager sich bevorzugt in den Kanälen des Abwassersystems aufhalten, überrascht es nicht, dass 13 von 79 Nagern (16,5 %), die ein Team um Xiu-Feng Wan vom „Center for Influenza and Emerging Infectious Diseases“ der Universität von Missouri in Columbia während der Deltawelle in den Parks des New Yorker Stadtteils Brooklyn gefangen hat, Antikörper gegen eben diese Variante von SARS-CoV-2 im Blut hatten.

Bei 4 Tieren wurden Virusgene, also eine aktive Infektion, nachgewiesen. Von diesen hatten 2 Tiere auch Antikörper einer früheren Infektion. Es lag bei den beiden Tieren also eine Durchbruchinfektion vor.

Die Sequenzierung der Virusgene zeigte, dass es sich um dieselbe Deltavariante handelt, die damals in New York auch beim Menschen nachgewiesen wurde. Es ist deshalb mehr als wahrscheinlich, dass sich die Nager beim Menschen infiziert hatten. Wo dies erfolgte, ist unklar. Da in den Abwässern in der Regel keine intakten Viren vorkommen, könnte die Infektion auch im Freien erfolgt sein, vermutet Wan.

Die Forscher haben daraufhin Laborratten mit den verschiedenen Varianten von SARS-CoV-2 exponiert. Sie können zeigen, dass die Viren die oberen und unteren Atemwege der Nager infizieren und dass es zu einer Reaktion des angeborenen und des erworbenen Immunsystems kommt (letztere ist die Voraussetzung für die Bildung der Antikörpern, die bei den wild lebenden Ratten nachgewiesen worden waren).

Die Infektiosität von SARS-CoV-2 war bei der Deltavariante am höchsten, was sich in einem Computermodell auf die Konfiguration des ACE2-Rezeptors zurückführen ließ. Die Deltavariante zeigte hier eine stärkere Bin­dung als andere.

Aber auch Omikron war für die Ratten ansteckend. Ob die Tiere auch den Menschen infizieren könnten, ist unklar. Wan hält dies für möglich. Denkbar sei sogar, dass sich die Viren in den Tieren genetisch verändern und die Nager so zur Quelle für künftige Virusvarianten werden könnten.

Im letzten Jahr hatten US-Forscher in einem Beitrag zu den Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS 2022; 10.1073/pnas.2206509119) darüber spekuliert, dass die Omikronvariante möglicherweise in Mäusen entstanden ist. Als Argument nannte ein Team um Fang Li von der Universität von Minnesota in Min­neapolis eine ungewöhnlich starke Bindung des Spikeproteins der Omikronvariante an den ACE2-Rezeptor von Mäusen.

Sie wird durch 4 Mutationen bewirkt, in denen sich Omikron von anderen Varianten von SARS-CoV-2 unter­scheidet. Nach dieser Hypothese hätten sich die Nager zunächst beim Menschen infiziert. Die Viren hätten sich danach an die Mäuse adaptiert und wären schließlich als Omikronvarianten zum Menschen zurück­gekehrt.

rme

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung