Studie: Maßnahmen gegen Ausbreitung von SARS-CoV-2 zeigen erste Wirkung

Göttingen – Die Beschränkungen im öffentlichen Leben, die am 8. und 16. März in Kraft traten, haben die Ausbreitung von SARS-CoV2 in Deutschland abgeschwächt, eine weitere exponentielle Zunahme der Infektionen jedoch nicht verhindert. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie in arXiv (2020; 2004.01105v1), die allerdings die Auswirkungen der „Kontaktsperre“ vom 22. März noch nicht berücksichtigt.
Eine Arbeitsgruppe um Viola Priesemann vom Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen hat eine Computersimulation entwickelt, um die Auswirkungen der Maßnahmen gegen COVID-19 zu analysieren und die weitere Entwicklung zu prognostizieren.
Die Berechnungen beruhen auf einem SIR-Modell („Susceptible-Infected-Recovered“), das über einen zeitlichen Verlauf hin die Zahl der Infizierten, der Infizierbaren und der nicht mehr Infizierbaren darstellt. Letztere sind die genesenen Personen, die (wenigstens vorübergehend) immun sind und nicht mehr zur Ausbreitung der Infektion beitragen können.
Das Kernergebnis der Berechnungen ist die Ausbreitungsrate Lambda. Um das derzeitige exponentielle Wachstum zu beenden, muss Lambda auf unter 0 fallen.
Die ersten Maßnahmen, die ab dem 8. März ergriffen wurden und beispielsweise dazu führten, dass Fußballspiele ohne Fans stattfanden, haben Lambda von 0,41 auf 0,25 gesenkt. Einen zweiten Einschnitt gab es um den 16. März herum, als Kindergärten und Schulen sowie viele Geschäfte und öffentliche Einrichtungen geschlossen wurden.
Lambda ist nach den Berechnungen der Forschergruppe danach auf 0,13 gefallen. Beide Maßnahmen haben damit die Ausbreitung von SARS-CoV-2 abgeschwächt, das exponentielle Wachstum jedoch noch nicht beendet.
Priesemann hofft, dass dies mit der weitergehenden Kontaktsperre gelingt, die seit dem 22. März gilt. Ob die Maßnahmen wirken, werde sich in ihrem Modell frühestens am 8. April zeigen, schreibt die Forscherin. Damit die Erkrankungszahlen auf ein erträgliches Maß fallen, müsste die Isolation in den kommenden zwei bis drei Wochen weiter sorgfältig eingehalten werden, meint Priesemann.
Im günstigen Fall gebe es dann nur noch „ein Dutzend oder einige Hundert“ neue Fälle pro Tag. Mit so wenigen Neuinfektionen könnten die Kontakte von jedem Erkrankten weitgehend identifiziert und isoliert werden.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: