Studie weist auf große Bedeutung psychologischer Faktoren bei Post COVID hin

Essen – Das Nervensystem ist bei den meisten Patienten mit einem Post-COVID-Syndrom nicht dauerhaft geschädigt. Das berichtet ein Forschungsteam der Universitätsmedizin Essen in der Fachzeitschrift Neurology and Therapy (2022; DOI: 10.1007/s40120-022-00395-z).
Laut den Forschern entwickeln bis zu 10 % der COVID-19-Patienten nach überstandener Akutinfektion ein Post-COVID-Syndrom mit über Wochen und Monate anhaltenden Beschwerden.
Bei der Untersuchung von 171 Erkrankten mit Post COVID zeigte sich nun: Bei 86 % der Personen war die neurologische Untersuchung unauffällig. Ein Zusammenhang zwischen der akuten COVID-19-Infektion und dem Auftreten von Langzeitfolgen ließ sich sogar nur in circa 2 % herstellen.
„Unsere Daten zeigen, dass obwohl viele Betroffene über neurologische Beschwerden klagen, sich diese in der neurologischen Untersuchung so gut wie nie objektivieren lassen“, sagte Mark Stettner, Leiter der Post COVID Ambulanz an der Klinik für Neurologie. Auch in einer Magnetresonanzuntersuchung des Gehirns oder in Liquoranalysen fänden sich meist keine bleibenden Folgen der COVID-19-Infektion, so der Experte.
Das Forschungsteam hat die Betroffenen daher auch intensiv psychologisch untersucht. Dabei zeigte sich laut Arbeitsgruppe, dass psychiatrische Vorerkrankungen wie eine Depression oder eine Angststörung das Risiko für Post COVID signifikant erhöhen.
„Wir glauben daher, dass psychologische Mechanismen für die Entstehung des Post-COVID-Syndroms wichtig sind. Das bedeutet jedoch keineswegs, dass sich die Patienten die Symptome nur einbilden“, erläuterte Christoph Kleinschnitz, Direktor der Klinik für Neurologie.
Eine gründliche neurologische Untersuchung sei in jedem Fall wichtig. „Wir haben einige Überraschungen erlebt. So fanden wir bei Menschen, die dachten an Post COVID zu leiden, am Ende eine Multiple Sklerose, eine Gehirnhautentzündung oder eine Migräne“, sagte er.
Auf die Bedeutung von psychiatrischen Erkrankungen auf die Entwicklung eines Post-COVID-Syndroms weist auch eine prospektive Studie hin, die jetzt im Journal of the American Medical Association (2022; DOI: 10.1001/jamapsychiatry.2022.2640) erschienen ist.
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