Vegetarier und Veganer infizieren sich möglicherweise seltener mit COVID-19

São Paulo – Eine vorwiegend pflanzenbasierte oder vegetarische Ernährung ist mit einem um 39 % niedrigeren Risiko für eine Infektion mit COVID-19 assoziiert. Schwere und Dauer der Symptome unterscheiden sich dagegen nicht von Mischköstlern, die auch Fleisch essen, wie eine brasilianische Beobachtungsstudie in BMJ Nutrition Prevention & Health aufzeigt (DOI: 10.1136/bmjnph-2023-000629).
Diese Ergebnisse veranlassen die Autoren um Júlio César Acosta-Navarro von der Medizinischen Fakultät der Universität São Paulo, zu der Annahme, dass eine Ernährung reich an Gemüse, Hülsenfrüchten und Nüssen, aber arm an Milchprodukten und Fleisch, dabei helfen könnte, sich vor einer Infektion mit COVID-19 zu schützen.
Tatsächlich ist es nicht die erste Studie, die darauf hindeutet, dass die Ernährung eine wichtige Rolle in der Entwicklung von COVID-19-Infektionen und damit einhergehenden Komplikationen spielt.
Acosta-Navarro und seine Kollegen untersuchten den potenziellen Effekt der Ernährung auf Inzidenz, Schwere und Dauer von COVID-19-Infektionen bei 702 erwachsenen Freiwilligen, die alle zwischen März und Juli 2022 rekrutiert wurden.
Vergleich von Mischköstlern und Vegetariern
Die Teilnehmenden füllten Fragebögen zu ihrem Ernährungsverhalten, Lebensstil und medizinsicher Vorgeschichte aus. Sie gaben auch an, ob sie gegen COVID-19 geimpft sind. Anhand ihrer Angaben wurden sie dann in eine auch Fleisch verzehrende Mischkostgruppe (n=424) und eine Gruppe mit vorwiegend pflanzenbasierter Kost (n=278) eingeteilt.
Die pflanzenbasierte Ernährungsgruppe teilten die Forschenden zusätzlich in Flexitarier/Semivegetarier, die weniger als 3 Mal pro Woche Fleisch aßen (n=87), und Vegetarier und Veganer (n=191) ein.
Die Autoren berichten, dass die Teilnehmenden, die sich nach eigenen Angaben vorwiegend pflanzenbasiert ernährten, mehr Gemüse, Hülsenfrüchte und Nüsse und wenig bis keine Milchprodukte und Fleisch konsumierten.
Die Gruppen unterschieden sich
Signifikante Unterschiede hinsichtlich Geschlecht, Alter und Impfstatus gab es zwischen den Mischköstlern und den pflanzenbasierten Gruppen nicht. Aber in Letzteren hatte eine signifikant höhere Zahl an Personen einen höheren Bildungsabschluss.
In der Gruppe der Mischköstler war die Prävalenz von Krankheiten höher und sie hatten niedrigere körperliche Aktivitätsraten. Auch die Prävalenz von Übergewicht und Adipositas war in der Mischkostgruppe signifikant höher. All das sind Faktoren, die mit einem höheren Risiko für COVID-19-Infektionen und schwereren Symptomen beziehungsweise Komplikationen assoziiert sind.
Insgesamt 330 Teilnehmenden (47 %) gaben an, eine COVID-19-Infektion gehabt zu haben. Bei 224 (32 %) war sie mit milder Symptomatik verlaufen, bei 106 (15 %) waren die Symptome mittelschwer bis schwer gewesen.
Mehr Infektionen in der Mischkostgruppe
Die Mischköstler gaben eine signifikant höhere Inzidenz von COVID-19 an als die pflanzenbasierten Gruppen: 52 vs. 40 %. Und sie hatten häufiger eine mittelschwere bis schwere Infektion gehabt: 18 % vs. 11 %. Was die Symptomdauer anging, gab es aber keine Unterschiede zwischen den Gruppen.
Nachdem die Forschenden potenzielle Einflussfaktoren wie das Gewicht, Vorerkrankungen und die körperliche Aktivität berücksichtigt hatten, gab es hinsichtlich der Symptomschwere keinen Unterschied mehr zwischen den Mischköstlern und den pflanzenbasierten Gruppen. Aber diejenigen, die sich vorwiegend pflanzenbasiert oder vegetarisch ernährten, hatten sich noch immer um 39 % seltener mit COVID-19 infiziert als die Mischköstler.
Mehr schützende Nährstoffe in Pflanzenkost?
Als mögliche Erklärung für diesen Befund, schlagen die Autoren vor, dass ein vorwiegend pflanzenbasiertes Ernährungsmuster möglicherweise mehr Nährstoffe liefert, die das Immunsystem stärken und dabei helfen, Virusinfektionen abzuwehren.
„Pflanzenbasierte Ernährungsmuster sind reich an Antioxidanzien, Phytosterolen und Polyphenolen, die einen positiven Effekt auf eine Reihe von Zelltypen haben, die wichtig für die Immunfunktion sind, und auch direkte antivirale Eigenschaften aufweisen“, schreiben sie.
Dennoch, es handelt sich um eine Beobachtungsstudie, und als diese, kann sie keine kausalen Zusammenhänge aufzeigen. Die Forschenden weisen auch darauf hin, dass sich die Studie, was Ernährungsmuster und COVID-19-Symptomatik anging, rein auf die Erinnerung und die subjektive Einschätzung der Teilnehmenden verlassen habe. Beides sehr fehleranfällige Formen der Datenerhebung.
Dennoch empfehlen sie „im Lichte dieser Erkenntnisse und auch der Erkenntnisse anderer Studien, und weil es so wichtig ist, Faktoren zu identifizieren, die die Inzidenz von COVID-19 beeinflussen können, einer pflanzenbasierten Ernährung oder vegetarischen Ernährungsmustern zu folgen“.
Zu früh für eindeutige Schlussfolgerungen
In einer Pressemitteilung des BMJ bestätigt Shane McAuliffe vom NNEdPro Global Institute for Food, Nutrition and Health, dass die Ergebnisse mit der bereits existierenden Evidenz übereinstimmten, die dafür spricht, dass die Ernährung eine Rolle für die Anfälligkeit für COVID-19 spiele.
Allerdings betont er auch, dass es sich noch immer „um einen Forschungsbereich handelt, der mehr qualitativ hochwertige Studien braucht, bevor irgendwelche festen Schlussfolgerungen gezogen werden können, ob bestimmte Ernährungsmuster das Risiko für eine COVID-19-Infektion erhöhen.
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