Medizin

Wissenschaftskommunikation: Leicht verständliche Videos verleiten zur Selbstüberschätzung

  • Freitag, 4. Juli 2025
/Rudzhan, stock.adobe.com
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Köln – Vereinfachende Videozusammenfassungen von wissenschaftlichen Studien können für mehr Verständlichkeit sorgen, aber auch zu einer verzerrten Kompetenzeinschätzung, dem „Easiness Effect“. Das berichtet ein Forschungsteam der Universität zu Köln im Fachmagazin Frontiers in Psychology (2025; DOI: 10.3389/fpsyg.2025.1584695).

Wissenschaftliche Studien werden meist in Fachzeitschriften präsentiert und beginnen bekanntlich mit einer Zusammenfassung der Studie, dem „Abstract“.

Ein gängiger Ansatz, um wissenschaftliche Informationen einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen, besteht darin, solche Zusammenfassungen von Studien in leichtere Sprache und in ansprechendere Formate zu übersetzen, zum Beispiel in Videoform. Solche Videozusammenfassungen von wissenschaftlichen Studien werden laut der Kölner Arbeitsgruppe zunehmend beliebter.

Die Forscher wollten wissen, ob diese Videozusammenfassungen ebenfalls dem „Easiness Effect“ unterliegen, der aus anderen vereinfachenden Publikationsformen bereits bekannt ist. Er beschreibt eine verzerrte Informationsbewertung.

Sie äußert sich darin, dass die vereinfacht dargebotenen Informationen glaubwürdiger erscheinen, als sie objektiv sind. Sie erzeugen zudem ein erhöhtes Vertrauen in das eigene Urteilsvermögen zum Themenbereich, während gleichzeitig der Wunsch nach einer Gegenprüfung der Informationen sinken kann.

Für ihre Studie hat die Arbeitsgruppe Textzusammenfassungen von 4 wissenschaftlichen Studien in kurze Videos übersetzt, wobei es jeweils 2 Videoversionen gab: Eine Version war in Fachjargon und komplexerer visueller Darstellung gehalten, die andere Version in einfacherer Sprache und Darstellung.

An dem Experiment nahmen 179 Personen teil. Sie wurden zufällig einer von 4 Untersuchungsbedingungen zugewiesen: Entweder sahen sie die leicht verständlicheren Videos oder die anspruchsvolleren Videos.

Zusätzlich erhielt jeweils zirka die Hälfte der Personen in jeder Gruppe vor diesen Videozusammenfassungen eine ausführliche Aufklärung über den „Easiness Effect“ und seine potenziell negativen Auswirkungen in Form eines Aufklärungsvideos. Die Forscher wollten damit untersuchen, ob eine solche Aufklärung den „Easiness Effect“ möglicherweise hemmt.

Nach dem Anschauen jeder Videozusammenfassung bewerteten die Teilnehmer unter anderem die Verständlichkeit der Studie, ihre wahrgenommene Glaubwürdigkeit, das Vertrauen in die eigene Fähigkeit, die Studie bewerten zu können, und die wahrgenommene Fähigkeit, Entscheidungen auf Basis der Studienergebnisse und ohne weitere Informationen treffen zu können.

Die Ergebnisse zeigten, dass die Videozusammenfassungen in einfacherer Sprache und Darstellung tatsächlich zu einer besseren Verständlichkeit des wissenschaftlichen Inhalts führten.

Zusätzlich zeigte sich auch der „Easiness Effect“: die leicht verständlicheren Videozusammenfassungen wurden als glaubwürdiger wahrgenommen und die Studienteilnehmer hatten ein höheres Vertrauen in die eigene Fähigkeit, die Studie selbst bewerten zu können.

Dieser Effekt trat unabhängig davon auf, ob die Teilnehmer für diesen potenziellen Effekt vorab sensibilisiert und darüber aufgeklärt wurden.

„Dieses Experiment zeigt, dass der ‚Easiness Effect‘ mit Videozusammenfassungen zuverlässig erzeugt werden kann und sehr robust ist, da er auch dann bestehen bleibt, wenn man über den Effekt und seine potenziell negativen Auswirkungen auf die eigene Kompetenzeinschätzung aufgeklärt wurde“, sagte der Studienleiter Kai Kaspar.

hil

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