Arzneimittelkombinationen: G-BA regelt Bedingungen für Abschlagsliste neu

Berlin – Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) verändert seine Regelungen für die Nutzenbewertung neuer Arzneimittel, bei denen Kombinationstherapien eingesetzt werden – auch rückwirkend vom Inkrafttreten des Gesetzes an. Das teilte das Gremium heute mit.
Der Gesetzgeber hatte den G-BA im vergangenen Jahr damit beauftragt, eine Liste mit Wirkstoffen zu erstellen, die als Kombinationen geeignet sind. Diese Auflistung sollte die Basis darstellen, auf der Krankenkassen von pharmazeutischen Unternehmen einen Kombinationsabschlag von 20 Prozent nach einer Kombinationstherapieverordnung einfordern können. Ziel des Gesetzgebers ist es, Arzneimittelkosten einzusparen.
Der G-BA hatte zunächst einen Ansatz verfolgt, bei dem er auch solche Arzneimittel als Kombination mit auf die Liste gesetzt hatte, die nur theoretisch für eine Kombination infrage kämen.
Der Verband der forschenden Arzneimittelhersteller (vfa) hatte daraufhin moniert, dass die fiktiven und irrationalen Kombinationen ein Problem seien, weil sie die Verordner irritierten und zu „unhaltbaren Planbarkeitsproblemen für die Unternehmen“ führe. Der G-BA bewerte außerdem sonst nur Kombinationen, die über eine entsprechende positive arzneimittelrechtliche Zulassung verfügten.
Der G-BA gab nun bekannt, künftig einen eher praktischen Ansatz zu verfolgen. Ab jetzt geht das Gremium davon aus, dass in der Fachinformation des bewerteten Arzneimittels zumindest Angaben zu einem Einsatz als Kombinationstherapie mit einem anderen Arzneimittel vorhanden sein müssen, um ein Präparat auf die Abschlagsliste zu setzen.
„Ist diese Voraussetzung erfüllt und das in Betracht kommende Arzneimittel für den Einsatz im bewerteten Anwendungsgebiet zugelassen, können sie auch als Kombinationen von Arzneimitteln gelistet werden“, schreibt der G-BA. Bei diesem engen Vorgehen würden jene Kombinationen, die rein theoretisch möglich seien, auf ein Minimum reduziert.
„Nach Abwägung aller Argumente und intensiven Beratungen kommt der G-BA zu dem Schluss, dass auch ein engeres Vorgehen beim Benennen von Kombinationstherapien ein nach dem Wortlaut des Gesetzes vertretbarer Gestaltungsspielraum des G-BA ist“, sagte Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA, in einer Mitteilung.
Hecken betonte, der G-BA bewerte die einzelnen Kombinationstherapien dabei nicht. Die gelisteten Wirkstoffe dienten allein dem Ansetzen des Kombinationsabschlags, den die jeweiligen Krankenkassen nach einer konkreten Verordnung einfordern könnten. „Gleichwohl kann der pharmazeutische Unternehmer separat eine Bewertung der Kombinationstherapie beim G-BA beantragen, sofern die vorhandene Studienlage einen mindestens beträchtlichen Zusatznutzen erwarten lässt“, erklärte Hecken.
Probleme nicht alle gelöst
Bereits in der Einleitung der Beratung hatte der G-BA-Vorsitzende auf die Probleme der Entscheidung hingewiesen. „Der entscheidende Punkt ist: Wir haben eine gesetzliche Regelung, wonach wir in den Beschlüssen mögliche potenzielle Kombinationspartner benennen müssen, die zur Geltendmachung im Abrechnungsverfahren in der Apotheke zum Kombinationsabschlag führen oder nicht führen“, hatte Hecken gesagt.
Die Frage sei, ob es geboten sei, nur solche Arzneimittel zu benennen, für die es für den Einsatz als Kombinationspräparate entsprechende Hinweise gebe. Oder ob der gesetzgeberische Auftrag so weit zu fassen sei, dass es in der Zulassung keine Benennungen von potenziellen Kombinationen geben müsse. Das bedeute, dass nur in den Fällen, in denen ein Wirkstoff als Monotherapie zugelassen werde, eine Kombination ausgeschlossen sei.
Er persönlich sei der Auffassung, dass beide Sichtweisen auf Grundlage des geltenden Rechts möglich seien. Entscheidend sei die Frage, wie das am Ende operationalisiert werden könne. „Wenn man freie Kombinationen in die Beschlüsse aufnimmt, kann es in vielen Fällen zu Benennungen kommen, die ein Stück weit zweifelhaft sind“, hatte er erläutert.
Das gebe es zwar auch bei der eher praxisbezogeneren engeren Auslegung. „Die Zahl dieser – ich hab sie immer als Kobinationen mit potenziell körperverletzendem Charakter beschrieben – sinkt allerdings dann, wenn man auf die enge Betrachtung ginge“, so Hecken. Er hatte auch darauf hingewiesen, dass einer größeren Lösung auch ein größeres Einsparvolumen innewohne – wenn es realisiert werden könnte.
„Es gibt keine richtige oder falsche Lösung. Es gibt nur die Hoffnung, dass man möglicherweise mit der engen Lösung die Zahl der Probleme ein Stück weit reduzieren könnte“, sagte Hecken. Nicht gelöst seien damit weitere Fragen – etwa, ob es sich um eine Kombination oder eine Sequenztherapie handele.
Hecken sprach sich heute erneut dafür aus, eine Lösung über die Ebene der Einzelverordnungen anzustreben. Das könne generell eine Listenaufzählung vermeiden. Er befürchtet, dass es ansonsten auch in Zukunft wieder Wirkstoffe geben werde, bei dem die reine Auflistung der Kombinationsmöglichkeiten kritisiert werde.
Dabei handele es sich, wie in einem Disclaimer immer betont, um eine rein formale Aufzählung, die in manchen Konstellationen „erst recht nicht ärztlich empfohlen sei“ und die „in der praktischen Anwendung nicht angewendet werden dürfte“, so Hecken.
Der G-BA nimmt mit seinem Beschluss eine konträre Sicht zum Bundesministerium für Gesundheit (BMG) ein, das bisher den theoretischen Ansatz verfolgt hat, um Wirkstoffe als Kombinationspartner bei der Bewertung neuer Arzneimittel zu identifizieren. Das BMG muss den Beschluss aber nicht absegnen. Er tritt mit der heutigen Beschlussfassung in Kraft.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: