Politik

Ausweitung des Impfens in Apotheken soll ärztliches Angebot nur ergänzen

  • Freitag, 18. Oktober 2024
/arcyto, stock.adobe.com
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Berlin – Zum Erhöhen der teils sehr niedrigen Impfquoten bei Erwachsenen ruhen in der Politik Hoffnungen unter anderem auf der geplanten Ausweitung des Impfens in Apotheken.

Mit dem weiteren Angebot hoffe man, zusätzliche Zielgruppen zu erreichen, berichtete Ines Perea, Unterabtei­lungsleiterin 63 „Gesundheitsschutz“ im Bundesministerium für Gesundheit, gestern beim „Impfgipfel“ des Tagesspiegel-Verlags in Berlin.

Die Ausweitung ist in noch nicht ressortabgestimmten Änderungsanträgen zum Gesetz zur Stärkung der Öffent­lichen Gesundheit vorgesehen. Das Deutsche Ärzteblatt berichtete. Ursprünglich war das Thema Teil der Apothe­kenreform. Da diese stocke, sei der Aspekt Impfen in Apotheken übertragen worden, sagte Perea.

An Ärztevertreterinnen und -vertreter gewandt sagte sie: „Es ist nicht gedacht von uns, damit ir­gendetwas zu ersetzen, was die Ärzteschaft macht, sondern es ist eine Ergänzung.”

Es werde angenommen, dass mit dem Impfangebot in Apotheken andere Gruppen angesprochen wer­den könnten als jene, die sowieso bereits an Im­pfungen interessiert seien.

Sie wünsche sich, dass man bei dem Thema etwas von den Partikularinteressen wegkomme. Auf den Vorschlag, das Impfen in Apotheken ausweiten zu wollen, habe man aus der Ärzteschaft nicht unbe­dingt Zuspruch erhalten. Es sei angesichts der Impf­quoten allerdings sehr viel tun. Perea sprach auch die teilweise Überlastung von Arztpraxen an.

In einer Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestages begrüßte die Bundesvereinigung deutscher Apo­thekerverbände (ABDA) bereits am Mittwochabend die geplante Regelung. Nach Erfahrungsberichten handle es sich bei den Impfungen in Apotheken in weiten Teilen nicht um einen Ersatz für Impfungen in Arztpraxen, hieß es auch dort.

Der Verband Forschender Arzneimittelhersteller (vfa) befürwortete das Vorhaben in der Sachverständigen­anhörung ebenfalls. Von einer Steigerung der Impfquoten sei auch anhand von Erfahrungen anderer Länder auszugehen.

„Wir nehmen uns nichts weg“, sagte Thomas Fischbach, Co-Vorsitzender des Nationalen Aktionsbündnis Impfen NABI, beim Tagesspiegel. Das Thema Apotheken sei ein „falscher Kriegsschauplatz“. Der Pädiater räumte aber auch ein, dass Kinderarztpraxen nicht von dem Vorschlag betroffen seien. Er mahnte zudem auch weitere Maß­nahmen wie etwa Catch-up-Impfungen an Schulen an.

Als nicht gut bezeichnete Perea zum Beispiel die Impfquoten bei Erwachsenen ab 60 Jahren gegen Pneumokok­ken und Herpes Zoster. „Das ist uns ein sehr großes Anliegen, das in den nächsten Jahren nochmal stärker anzu­gehen, zu gucken, wie können wir mehr in die Fläche gehen“, sagte Perea. Bei der älter werdenden Bevölkerung seien hohe Impfraten nicht mehr so leicht zu erzielen wie bei Säuglingen und Kindern, die etwa über U-Unter­suchungen erreicht würden.

Auch bei der Grippeschutzimpfung liege Deutschland sehr deutlich hinter anderen europäischen Ländern wie Dänemark, Irland, Schweden, Spanien und Italien. Man sei aber zuversichtlich, ältere Menschen mit zielgruppen­spezifischeren Kampagnen besser zu erreichen.

Hier solle auch das geplante neue „Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung in der Medizin“ (BIPAM) zu einer Verstärkung führen, mit Kampagnen beispielsweise in sozialen Medien. Ziele seien, das Vertrauen in Impfungen zu stärken und Missverständnisse auszuräumen.

Diesbezüglich konstatierte Fischbach einen negativen Einfluss aus Zeiten der Coronapandemie: Er kritisierte ins­besondere Äußerungen und fachfremde Einmischungen der Politik in die Arbeit der Ständigen Impfkommission (STIKO). Das habe in Teilen der Bevölkerung zu einer Verunsicherung geführt.

Hoffnungen zum Verbessern der Impfquoten ruhen Perea zufolge auch auf der elektronischen Patientenakte. Damit könnten perspektivisch auch automatische Impferinnerungen und vielleicht Weiterleitungen an die Apotheke oder die Hausarztpraxis vor Ort möglich sein, sagte sie. „Das ist im Moment noch Zukunft, aber ich glaube, in den nächsten drei bis vier Jahren definitiv realisierbar.“

Niedrigschwellige Impfangebote sollten etwa auch in Pflegeeinrichtungen und Betrieben oder im Rahmen von Aktionen an viel besuchten Orten wie Einkaufszentren ablaufen, sagte Perea. Den „Impfgipfel“ beim Tagesspiegel gibt es seit 2020, unterstützt wird die Veranstaltung vom Verband Forschender Arzneimittelhersteller.

ggr

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