AWMF plädiert für sektorenübergreifende Versorgungsplanung
Berlin – Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) hat eine Versorgungsplanung gefordert, die sowohl den stationären als auch den ambulanten Sektor mit einbezieht.
„Bislang erfolgt die gesundheitliche Versorgungsplanung getrennt zwischen ambulanter und stationärer Versorgung“, heißt es in einer Stellungnahme der AG „Medizin und Ökonomie“ der AWMF. Insbesondere an den Schnittstellen zwischen diesen Versorgungsbereichen komme es zu Brüchen und Versorgungsproblemen, aber auch zwischen verschiedenen Gesundheitseinrichtungen und unter den ambulant Versorgenden.
Brüche in der Versorgung, Informationsdefizite zwischen den Versorgenden sowie Doppel- und Mehrfachuntersuchungen müssten künftig vermieden werden. „Krankenhausplanung muss daher im Rahmen sektorenübergreifender Konzepte gestaltet werden, wenn stationäre Kapazitäten bedarfsorientiert geplant werden sollen“, fordert die AG. Daher dürfe der ermittelte Versorgungsbedarf nicht unkritisch vom Status Quo ausgehen.
Stattdessen müsse eine adäquate, evidenzbasierte Indikationsstellung zugrunde gelegt werden. Die regionale populationsbezogene Planung solle sich daher neben der erwarteten demografischen Entwicklung insbesondere an dem diagnose- und schweregradorientierten Behandlungs- und Pflegebedarf orientieren. Sozioökonomische Determinanten seien ebenfalls einzubeziehen.
Augenmerk auf die Indikationsqualität
Die AG fordert zudem, bei der Versorgungsplanung zu berücksichtigen, dass Assoziationen von niedrigen Fallzahlen mit höheren Komplikationsraten und höherer Mortalität für nicht wenige Indikationen bestehen. Ein besonderes Augenmerk solle auf die Indikationsqualität gelegt werden – hier könnten Leitlinien unterstützen.
„Nicht zuletzt bedarf die beschriebene sektorenübergreifende Versorgungsplanung nach der Überzeugung der AWMF und ihrer Fachgesellschaften einer grundlegenden Reform der Vergütung“, heißt es weiter in der Stellungnahme. „Die derzeitige duale Finanzierung sowie der gewünschte ‚Wettbewerb‘ zwischen den Leistungsanbietenden stehen einer ressourcenbewussten Versorgung in vielen Bereichen entgegen.“
Intersektorale Qualitätszirkel
Zur Überwindung der Sektorengrenzen gelte es, intersektorale und interprofessionelle Zentren und Netzwerke mit unter anderem sektorenübergreifenden integrierten Behandlungspfaden, intersektoralen Qualitätszirkeln und adäquatem Einweisungs- und Entlassungsmanagement aufzubauen.
Solche Netzwerke könnten auch zu mehr sektorenübergreifender Forschung beitragen und den ganzheitlichen Blick für die Patientenversorgung stärken. Diese sei seit langem in der Aus-, Weiter- und Fortbildung erschwert, die in einer zunehmenden Spezialisierung und Fächeraufsplittung stattfinde.
„Die wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften setzen sich für eine angemessene Zentralisierung komplexer Leistungen ein, mit Kooperationen und sektorenübergreifenden Netzwerken für komplexe Versorgungsprozesse“, betont die AG. „Nur so kann nach unserer Einschätzung eine Verbesserung von Ergebnisqualität erreicht werden, die das Primat der zukünftigen Versorgungsplanung sein muss.“
Unkontrolliertes Schließen von Krankenhäusern beenden
Grundsätzlich begrüßt die AG, dass das Bundesgesundheitsministerium (BMG) eine wissenschaftlich ausgerichtete Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung eingerichtet hat, für deren Arbeit auch die wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften gehört werden sollen.
Die AG begrüßt ebenfalls, dass die Bundesregierung das unkontrollierte Schließen von Krankenhäusern beenden und das Vergütungssystem reformieren möchte, um Fehlanreize abzubauen.
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