Beherbergungsverbot bestimmt weiter die Debatte

Berlin – Der Streit über das Beherbergungsverbot vieler Länder zum Schutz vor Infektionen mit SARS-CoV-2 nimmt vor dem morgigen Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten der Länder an Schärfe zu. Erstmals seit April wollen sich die Kanzlerin und die Länderchefs persönlich in Berlin treffen.
Der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, Thomas Bareiß, forderte, das Verbot morgen nochmals auf den Prüfstand zu stellen. Länderregierungschefs wie Manuela Schwesig (Mecklenburg-Vorpommern, SPD) und Markus Söder (Bayern, CSU) verteidigten es. Für Diskussionen sorgt ein Vorstoß aus den Reihen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, wegen der Infektionszahlen die Weihnachtsferien zu verlängern.
Heute morgen überschritt die Zahl der innerhalb eines Tages neu mit dem Coronavirus infizierten Menschen nach Angaben des Robert-Koch-Instituts mit 4.122 erneut die 4000er-Marke.
Seit Beginn der Coronakrise haben sich nach RKI-Angaben mindestens 329.453 Menschen in Deutschland nachweislich mit dem Virus SARS-CoV-2 infiziert. Mit Leverkusen und Gelsenkirchen überschreiten seit heute zwei weitere große Städte die wichtige Warnstufe von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen.
Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus mahnte für das Treffen unter anderem in der Frage der Beherbergungsverbote eine einheitliche Linie an. „Ich erwarte morgen ein klares Signal gegen die Kleinstaaterei. Wir benötigen Klarheit für die Menschen in Deutschland. Dies gilt insbesondere für innerdeutsche Reisen“, sagte der CDU-Politiker am Rande einer Veranstaltung in Hamburg.
Bareiß betonte: „Gerade Hotels haben in einem großen Kraftakt die Hygienemaßnahmen umgesetzt und für Sicherheit gesorgt. Ein nochmaliger Lockdown der ganzen Hotelbranche muss verhindert werden.“ Der Chef des Landkreistages, Reinhard Sager, sprach im Nachrichtenportal t-online von einem „im Alltag kaum zu überblickenden Flickenteppich und großer Verunsicherung in der Gesellschaft“.
Die Hauptgeschäftsführerin des Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), Ingrid Hartges, sagte der Saarbrücker Zeitung, er habe die „begründete Hoffnung, dass sich Bund und Länder von dieser Form des Beherbergungsverbots verabschieden müssen.“ Hartges spielte damit offenbar auf angekündigte Klagen gegen das Verbot an. Der Staatsrechtler Christoph Degenhart hält die Maßnahmen für nicht gerechtfertigt. Sie griffen in die Grundrechte der Betriebe sowie der Reisenden ein“, sagte er dem Handelsblatt.
Dagegen sprach sich Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschefin Schwesig (SPD) im ARD-„Morgenmagazin“ gegen Lockerungen aus: „Wir brauchen eine klare, stringente Linie. Die kann in einer Zeit, wo die Zahlen immer mehr in Deutschland steigen, nicht Lockerung sein.“ Schwesig sprach sich stattdessen für strengere Regeln aus, „insbesondere in Risikogebieten“.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hofft nach eigenen Worten für morgen „auf einen großen Wurf“. „Wir müssen jetzt in dieser Woche gemeinschaftlich die Weichen stellen, sonst besteht die Gefahr, dass es außer Kontrolle geraten könnte“, sagte Söder im Anschluss an eine Sitzung des bayerischen Kabinetts in München.
Als Zielwunsch sprach sich Söder dafür aus, jetzt für mehr Einheitlichkeit und Verständlichkeit der Coronaregeln zu sorgen. Die Ministerpräsidentenkonferenz solle mit Bundeskanzlerin Angela Merkel für ein klares Regelwerk sorgen, das in den kommenden Wochen gilt. „Wir müssen jetzt Corona ausbremsen, bevor wir echte Notbremsen machen“, sagte Söder und erneuerte seine Forderung, einen zweiten Lockdown zu vermeiden.
Er appellierte dabei vor allem an den Verantwortungssinn der Bürger. „Der eigentliche Charaktertest steht noch aus.“ Dabei sei nicht die Loyalität gegenüber dem Staat und dessen Maßnahmen das Entscheidende, sondern die Solidarität unter den Generationen. Es gehe darum, dass diejenigen, die nicht so stark von einer Coronainfektion betroffen wären, Rücksicht nehmen auf diejenigen, die stark betroffen sind.
Die meisten Bundesländer hatten am vergangenen Mittwoch beschlossen, dass Bürger aus Orten mit sehr hohen Infektionszahlen bei Reisen innerhalb von Deutschland nur dann beherbergt werden dürfen, wenn sie einen höchstens 48 Stunden alten negativen Coronatest vorlegen können. Greifen soll dies für Reisende aus Gebieten mit mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen. Als sicher gilt, dass morgen über das Thema gesprochen werden wird.
Diskutiert werden könnte beim Bund-Länder-Treffen auch über die Schulen – dass diese nicht wieder geschlossen werden müssen, gilt als eines der wichtigsten Ziele der Maßnahmen. Die Bundestagsabgeordneten Christoph Ploß (CDU) und Stephan Pilsinger (CSU) machten in der Bild-Zeitung den Vorschlag, die Winterferien um zwei bis drei Wochen zu verlängern und im Sommer entsprechend zu kürzen.
Unionssraktionsvize Thorsten Frei rief die beiden Abgeordneten aber wieder zurück. Er sagte bei RTL/ntv: „Angesichts der Verbreitungswege, die derzeit dominieren, befürchte ich, dass wir durch eine Verlängerung der Weihnachtsferien viel Unruhe stiften, aber letztlich keinen durchgreifenden Erfolg erringen.“
Merkel mahnt Respekt für Corona-Schutzregeln an
Bundeskanzlerin Angela Merkel mahnte unterdessen heute erneut Disziplin bei der Einhaltung der Schutzmaßnahmen an. „Ich beobachte mit großer Sorge die erneut ansteigenden Infektionszahlen eigentlich in fast allen Teilen Europas“, sagte Merkel heute in einer Videoansprache vor dem europäischen Ausschuss der Regionen.
„Wir dürfen jetzt nicht das verspielen, was wir in den letzten Monaten durch Einschränkungen erreicht haben“, warnte sie. Allen seien diese Einschränkungen nicht leicht gefallen. Viele Menschen hätten ihr Leben verloren, und deshalb sei es „umso wichtiger“, dafür Sorge zu tragen, dass ein weiterer Lockdown nicht vonnöten sein würde.
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